Zeiten von Krisen und Kriegen, die eine Gesellschaft erschüttern, sind – selbst wenn sie keine Geburtshelfer der Geschichte sind – in der Regel ein Hinweis auf die tektonischen Bewegungen, die in ihrem Innersten am Werk sind. Dies gilt auch für die Geschehnisse im ehemaligen Kolonialreich des imperialistischen Frankreichs: erfolgreiche Militärputsche in Mali, Niger und Burkina Faso; Palastrevolution in Gabun, wo Bongo von seiner Prätorianergarde gestürzt wird. All dem ging der brutale Zerfall der Staatsapparate voraus, die von der ehemaligen Kolonialmacht errichtetet worden waren. Das Erstarken des islamischen religiösen Fundamentalismus war ein Ausdruck davon, ebenso die Bildung von bewaffneten Banden auf ethnischer Grundlage.
Übergehen wir die abscheuliche und lächerliche Anmaßung des politischen Personals des französischen Imperialismus, das sich als „Verteidiger der Demokratie“ aufspielt, indem es zugunsten der gestürzten Regime Stellung bezieht. Übergehen wir auch die Lächerlichkeit eines Macron, der ein Kräftemessen mit der in Niamey herrschenden Militärjunta begonnen und verloren hat, indem er seine Bereitschaft bekundete, der „verfassungsrechtlichen Legitimität“ des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum zur Hilfe zu eilen.
Die Erinnerung an jahrzehntelange koloniale Unterdrückung und Plünderung verband sich mit den zur Schau gestellten Privilegien und der Korruption einer dünnen lokalen Herrschaftsschicht, der die ehemalige Kolonialmacht die Verteidigung ihrer politischen Interessen anvertraut hatte. Diese in der Bevölkerung geteilten Gefühle des Misstrauens bzw. der Feindseligkeit brachten den putschenden Militärs eine gewisse Sympathie ein.
Trotz der Präsenz seiner Armee erweist sich der französische Imperialismus als unfähig, diese Erschütterungen zu stoppen, die dabei sind, mit der Françafrique abzurechnen, wobei Françafrique ein scheinheiliges Wort für die Fortführung der alten Kolonialherrschaft in anderer Form ist.
Es ist wahrscheinlich, dass die Ansteckung weitergeht und noch zum Zerfall der Staaten beiträgt – ob dieser nun entlang religiöser oder ethnischer Bruchlinien verläuft oder beides zusammen. Die Angst vor einer solchen Entwicklung erklärt wahrscheinlich, warum das von der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (Ecowas) geschaffene Militärbündnis zögert, seine rein verbalen Kriegsdrohungen in die Tat umzusetzen, obwohl es von den herrschenden Kreisen des französischen Imperialismus dazu ermutigt wurde. Nigeria, der mächtigste Staat in der Ecowas-Koalition, würde vermutlich den höchsten Preis für eine mögliche Intervention gegen Niger und seine derzeitigen Verbündeten Mali und Burkina Faso zahlen. Es wird bereits von einem schleichenden Bürgerkrieg unterminiert, in dem sowohl religiöse als auch ethnische Faktoren vermischt werden, vor dem Hintergrund einer gigantischen Armut der Bevölkerung in einem der ölreichsten Länder Afrikas. Nicht umsonst zögert die nigerianische Führung trotz des imperialistischen Drucks sichtbar.
Selbst in der Elfenbeinküste, wo der derzeitige Präsident Alassane Ouattara große Töne spuckt und sich an Paris orientiert, könnte eine Militärintervention gegen Niger die kaum erloschenen Feuer des Bürgerkriegs wieder entfachen, der 2010/2011 die Bevölkerung in blutige ethnische Auseinandersetzungen gestürzt und das Land in Nord und Süd gespalten hatte. Auslöser war damals die Rivalität um das Erbe von Houphouet-Boigny als Präsident. Die Auseinandersetzungen hatten mehrere Tausend Tote gefordert und das Wiederaufflammen ethnischer Gewalt hatte das Leben der ethnisch gemischten Bevölkerung verpestet – insbesondere in Abidjan, wo die Mehrheit der Arbeiterklasse lebt.
Zumindest in Mali, Niger und Burkina Faso haben die putschenden Militärs eine feindselige Sprache gegenüber dem französischen Imperialismus oder zumindest einigen seiner Erscheinungsformen gewählt, um die Gefühle der Bevölkerung zugunsten ihres Machterhalts zu kanalisieren. Es ist nicht auszuschließen, dass General Brice Oligui Nguema, obwohl er ein Mitglied des Bongo-Clans und ein typisches Produkt der Françafrique ist, am Ende aus denselben Gründen einen Teil dieser Slogans seiner Kollegen in Mali, Burkina Faso oder Niger übernehmen wird.
Das ist die Bedrohung, die den politischen Führern des französischen Imperialismus Sorgen bereitet. Ist es wirklich eine, für den Zugriff des französischen Großkapitals auf seine ehemaligen Kolonien (oder für die Netzwerke der besagten Françafrique)? Dies ist nicht sicher, denn einige der jüngsten Militärmächte, die aus einer von früheren Regimen ausgebildeten Militärkaste hervorgegangen sind, sind sehr fragil. Und vor allem ist keiner von ihnen bereit, das Großkapital, das sein Land beherrscht, anzugreifen und Verträge zu brechen, die es binden.
Mehr noch, die Bedrohung ist nicht wirklich eine für den Imperialismus im Allgemeinen! Denn was eine Bedrohung für den französischen Imperialismus darstellt, bietet gleichzeitig Chancen für andere imperialistische Mächte, vor allem für die USA, die auf die Bodenschätze der betroffenen Länder schielen.
Afrika ist zwar der ärmste Kontinent, was die große Mehrheit seiner Bevölkerung betrifft. Doch was seine Bodenschätze betrifft, ist es genau umgekehrt. Der Kontinent trägt das Stigma der gesamten Geschichte des Kapitalismus: von der Verschleppung eines großen Teils seiner Bevölkerung in die Sklaverei bis hin zur Ausplünderung seiner fruchtbaren Erde und seiner Bodenschätze durch imperialistische multinationale Konzerne.
Die Aufteilung Afrikas anlässlich der Berliner Konferenz im Jahr 1884 und der Kolonialismus sicherten nicht nur die politische Herrschaft der imperialistischen Großmächte über die kolonisierten Völker. Sie sorgten auch dafür, dass jede Kolonialmacht ihr wirtschaftliches Jagdrevier für sich hatte und die anderen Großmächte keinen Zugriff darauf hatten.
Acht Jahrzehnte lang wurde die auf der Berliner Konferenz beschlossene Aufteilung zwischen den Großmächten nicht in Frage gestellt, außer während der beiden Weltkriege. Diese hatten jedoch das einzig nennenswerte Ergebnis, dass Deutschland und Italien alle ihre afrikanischen Kolonien verloren.
Die koloniale Form der Herrschaft hatte irgendwann ausgedient. Doch der afrikanische Kontinent ist noch immer vom Kolonialismus gezeichnet. Dies reicht von den Grenzen der afrikanischen Staaten, die großteils aus der Kolonialzeit stammen, über die Amtssprachen bis hin zur Präsenz imperialistischer Truppen auf afrikanischem Boden. Das Ende des Kolonialismus bedeutete nicht das Ende der imperialistischen Herrschaft im Allgemeinen oder gar das Ende der Rivalität zwischen verschiedenen Großmächten, die jeder ihren Anteil am afrikanischen Kuchen bewahren und wenn möglich vergrößern wollen.
Die Aufstände der Völker gegen ihre Unterdrückung oder dass die Kolonialmächte diese Revolten vorhersahen, waren der entscheidende Grund, warum es letztlich zum Prozess der Entkolonialisierung kam, in welchem das Kolonialsystem vollständig liquidiert wurde.
Die schwächsten imperialistischen Staaten, Spanien und Portugal, hielten von allen am längsten an ihren Kolonien fest. Denn die koloniale Herrschaftsform war die Einzige, die es ihnen ermöglichte, im internationalen Wettbewerb einigermaßen zu bestehen. Dies war der Haupt-, wenn nicht sogar der einzige Grund, warum Portugal an seinen Kolonien in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau festhielt. Dasselbe lässt sich für die wenigen Gebiete sagen, die Spanien noch verblieben waren, und auf andere Weise für Belgiens Herrschaft im Kongo, die bald darauf von den USA abgelöst wurde.
Der französische Imperialismus zählt zu denjenigen, die sich durch die Zahl und die Grausamkeit ihrer Kolonialkriege hervorgetan haben. Das imperialistische Frankreich, das weniger mächtig war als der US-Imperialismus, aber mächtiger als Spanien, Portugal und Belgien, verfügte über die Mittel, das bisherige Kolonialreich „Französisch-Afrika“ auf andere Weise weiterzuführen: in der sogenannten Françafrique. Von nun an waren die Staaten zwar im Prinzip unabhängig, aber das politische und militärische Personal der neuen Staatsapparate wurde nach ihrer Treue zum ehemaligen Mutterland Frankreich ausgewählt und war diesem untergeordnet. Frankreich sicherte seine Herrschaft auch dadurch, dass es weiterhin Truppen in den ehemaligen Kolonien stationierte und dass es eine entscheidende Rolle bei der Bildung sogenannter nationaler Armeen (z.B. Beispiel in Kamerun) spielte. Und was das Geld, das entscheidende Element des Krieges angeht, so brauchte es nur im Namen der lokalen Währung, des CFA-Franc, die Bezeichnung Colonie Française d'Afrique in Communauté Financière Africaine zu ändern.
Es ist kein Zufall, dass der US-Imperialismus am wenigsten am Kolonialsystem hing. In den 1960er Jahren galt er sogar als Gegner des Kolonialismus. Denn seine Macht beruhte vor allem auf der Macht seines Kapitals und er setzte darauf, sich so in den unabhängig gewordenen Ländern Einfluss sichern zu können.
Zum Zeitpunkt der Berliner Konferenz hatte man noch nicht entdeckt, wie man aus Uran Energie gewinnen kann. Das Erdöl war ebenfalls noch nicht so sehr von Interesse. Dieses wurde vor allem durch die Erfindung von Autos mit Verbrennungsmotor und die „Demokratisierung“ ihrer Nutzung geweckt. Und heute wird mit dem angekündigten Niedergang des Verbrennungsmotors ein steigender Bedarf an Coltan, Mangan, Seltenen Erden usw. erwartet.
Ein 2013 auf Arte ausgestrahlter Dokumentarfilm mit dem Titel „Der Schattenkrieg in der Sahara“ sprach bereits von der Notwendigkeit oder vielmehr der Unausweichlichkeit einer neuen Berliner Konferenz, das heißt einer neuen Aufteilung Afrikas...
Die sich verschärfende Wirtschaftskrise hat die Rivalität um die Kontrolle dieser unverzichtbar gewordenen Ressourcen neu entfacht. Vor einem Jahrhundert wurden vor allem Afrikas landwirtschaftliche Produkte geplündert, die bereits vorhanden waren, wie Edelhölzer – oder die Produkte, deren Anbau man ihnen mit Gewalt aufzwang, wie Erdnüsse oder Baumwolle. Später kamen Öl, Eisen und Bauxit hinzu. Heute sind es Mangan, Coltan usw.
Man spricht nicht mehr von „Kolonialkriegen“. Die Kämpfe zwischen den imperialistischen Rivalen, die ihre jeweiligen Einflussgebiete erhalten oder vergrößern wollen, werden vielleicht die Farben auf den Landkarten nicht ändern. Aber sie versetzen Afrika in einen permanenten Kriegszustand. Manchmal kommt es zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen lokalen War-Lords, wie in der Demokratischen Republik Kongo (dem ehemaligen Zaire). Manchmal auch Konflikte zwischen Staaten, wie zwischen Zaire und Ruanda.
Die Schwächung der Staatsapparate hat in Afrika eine neue Nachfrage geschaffen, die neben anderen privaten bewaffneten Banden auch die Söldnerarmee des verstorbenen Prigogine bedient. Der Grund dafür ist eigentlich eine ganz einfache Sache. Zum Zeitpunkt der Entkolonialisierung wurden künstlich vollkommen neue Staatsapparate geschaffen. Nach zwanzig oder dreißig Jahren hatte die Bevölkerung die anfängliche Begeisterung für die Unabhängigkeit und ihre Illusionen verloren, selbst wenn die Großmächte sie ihnen gewährt hatten. Infolgedessen zerbröckeln diese Staatsapparate Stück für Stück. Einige Staaten, wie in Somalia, sind bereits vollständig in mehrere Teile zerfallen. Libyen und der Sudan sind dabei zu zerfallen – letzterer, nachdem er bereits einmal in zwei Teile zerfallen war.
In einem anderen Teil der Welt ist Haiti ein weiteres Beispiel für einen Staat, der vor dem Hintergrund des Elends der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung zerfällt. Für dieses Elend sind vor allem die beiden in der Region aktiven imperialistischen Mächte Frankreich und die USA verantwortlich, die von der kleinen besitzenden Klasse Haitis unterstützt werden.
Nicht erst seit heute greifen diese besitzende Klasse oder ihre politischen Vertreter (Abgeordnete, Senatoren, Minister, Präsidenten) auf Handlanger zurück. Die einen nutzen sie zusätzlich zu den offiziellen bewaffneten Banden des Staates, um die besitzende Klasse gegen die armen, besitzlosen Massen zu verteidigen. Die anderen nutzen sie in ihrem Kampf um die Macht gegen Rivalen. Im Laufe der Zeit haben sich die „Wachhunde“ selbständig gemacht, so dass heute weder die herrschende Klasse Haitis noch ihre Auftraggeber und Beschützer in den USA diese Handlanger unter Kontrolle haben. Diese sind zu kriminellen Banden geworden sind, die die Bevölkerung terrorisieren, stehlen, vergewaltigen, entführen und morden.
Das Land wird heute von mehr als hundert bewaffneten Banden beherrscht, die ihre Macht, ihre Gesetze durchsetzen und dabei den eigentlichen Staatsapparat zersetzt haben. Die Vereinten Nationen planen, ein Kontingent unter dem Kommando einer bewaffneten Truppe aus Kenia nach Haiti zu entsenden. Es soll die Polizei ersetzen, die selber von Banden beherrscht wird und machtlos ist. Bisher ist noch nicht einmal klar, ob diese Ankündigung umgesetzt wird. Geschweige denn, ob eine ausländische Intervention die Banden neutralisieren würde oder ihnen nicht im Gegenteil Argumente liefert. Denn dann können sich diese Banden als Verteidiger des Landes gegen eine ausländische Besatzung aufspielen.
Die armen Massen in Haiti haben immer wieder die Erfahrung gemacht, dass sie von den imperialistischen „Beschützern“ nichts zu erwarten haben.
Der Zerfall Libyens nach dem Tod Gaddafis hat in der dortigen Region ebenfalls eine mehr oder weniger große Rolle gespielt, insbesondere eben für Mali, Niger, Burkina Faso und ebenso für den Tschad. Als Gaddafi an der Macht war, wollte er der Anführer der gesamten Region und darüber hinaus werden. Hierfür hat er eine Reihe von Gruppen unterstützt, finanziert und bewaffnet. Nach seinem Tod hatte niemand mehr diese Gruppen unter Kontrolle. Sie bildeten bewaffneten Banden, die ihr eigenes Spiel spielten. Die einen schwangen nun die Flagge des Islamismus. Andere, wie die Tuareg, haben mehr oder weniger nationale Ambitionen.
Kongo-Kinshasa mag auf der Landkarte noch als ein einziges Land eingezeichnet sein, aber in Wirklichkeit wird es zerrissen von Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden bewaffneten Banden.
Die ex-sowjetische Bürokratie, die zu Zeiten der UdSSR so viel zur Stabilität der imperialistischen Welt beigetragen hat, erweist ihr einen letzten Dienst. Sie eilt den afrikanischen Staaten, die versagen, zu Hilfe und schickt ihnen ihre Privatarmeen. Diese Söldner und ihre Anführer werden von den afrikanischen Staaten entweder in klingender Münze oder in Gold und anderen Edelmetallen bezahlt, immer jedoch auf Kosten der örtlichen Bevölkerung.
Die Machenschaften von Wagners bewaffneten Banden sind nicht Ausdruck einer neuen Form von russischen Imperialismus. Sie sind Ausdruck einer Rückkehr zum Söldnertum des Mittelalters im Zeitalter des altersschwachen Kapitalismus und des Imperialismus.
In den letzten rund 20 Jahren haben sich die Beziehungen zwischen China und Afrika erheblich entwickelt und sind von Austausch, Investitionen und Finanzierungen geprägt.
Dies ist vor allem im ehemaligen Kolonialreich Frankreichs spürbar. China ist dort insbesondere in der Öl- und Bergbauindustrie, sowie beim Bau von Infrastruktur (Brücken, Straßen, öffentliche Gebäude usw.) präsent.
Das geht so weit, dass der Ausdruck Chinafrique in den Wortschatz vieler Journalisten und Wirtschaftswissenschaftler eingegangen ist. Einige von ihnen übertragen einfach den Begriff Françafrique. Allerdings stellt die Françafrique noch immer das Erbe einer langen Vergangenheit kolonialer Herrschaft und Ausplünderung durch Frankreich dar, was für China keineswegs der Fall ist.
Was Chinas militärische Präsenz in Afrika betrifft – ein Stützpunkt in Dschibuti, bis heute der einzige auf diesem Kontinent –, so steht sie in keinem Verhältnis zu der Anzahl der permanenten Stützpunkte des imperialistischen Frankreichs.
Als Werkbank der vom Imperialismus beherrschten Welt überschwemmt China Afrika mit seinen billigen Waren. Der Handel hat in den letzten beiden Jahrzehnten eine beeindruckende Entwicklung erlebt. Was jedoch produktiven Investitionen angeht, so liegt China nicht nur immer noch weit hinter Frankreich und Großbritannien, sondern sogar hinter den Niederlanden.
Allein diese Unterschiede deuten darauf hin, dass die Beziehungen Frankreichs zu Afrika auch nach der Unabhängigkeit weiterhin einen imperialistischen Charakter hatten, während dies im Falle Chinas nicht der Fall ist.
Wer wird in den derzeitigen Rivalitäten zwischen den imperialistischen Mächten in Afrika die Oberhand gewinnen? Auf welche Weise? Und welche Rohstoffe wird er dabei in die Finger bekommen?
Der US-Imperialismus ist von allen in der besten Position, aufgrund seiner finanziellen und wirtschaftlichen Stärke, die durch eine starke militärische Präsenz gestützt wird. Als die Welt durch den Kalten Krieg in zwei Blöcke geteilt war, ließen die USA den französischen Imperialismus in seinem ehemaligen Kolonialreich die Rolle des Gendarmen mit den damit verbundenen Vorteilen spielen (und gelegentlich auch im Kongo Kinshasa, insbesondere als Frankreich anstelle des belgischen Imperialismus militärisch in Kolwezi eingriff).
Der durch die Krise verschärfte Wirtschaftskrieg zwischen imperialistischen Mächten (auch wenn sie ansonsten Verbündete sind) hat die Karten neu gemischt. Die USA können derzeit außerdem von der Diskreditierung Frankreichs profitieren. Sie sind nicht die einzigen. Ausländische Unternehmen drängeln sich um die Abbau-Genehmigungen für Uran, Kupfer und Zink in Niger, für Mangan und Öl in Gabun, für Gold in Burkina Faso.
Das imperialistische Frankreich wird sich nicht ohne Gegenwehr hinauswerfen lassen. Dazu dienen die Truppen, die dauerhaft in Dakar, N'Djamena oder Abidjan stationiert sind. Dazu dienen die Militärabkommen mit den meisten ehemaligen französischen Kolonien. Diese Militäroperationen vom Typ Barkhane werden vielleicht ihren Namen oder ihre Strategie ändern, aber sie werden weitergehen, allein oder in Zusammenarbeit mit den Amerikanern oder mit anderen.
Sicher ist nur, dass die ausgebeuteten, ausgeplünderten und unterdrückten Volksmassen in Frankreichs privatem Jagdrevier ebenso ausgebeutet, ausgeplündert und unterdrückt werden, wenn dieses Jagdrevier seinen Besitzer wechseln sollte.
Auch als einige afrikanische Hauptstädte wie Brazzaville oder Addis Abeba zeitweise mit Porträts von Marx, Engels oder Lenin gepflastert waren, als Zeugnis für die diplomatische Unterstützung oder finanzielle Hilfe Moskaus für das herrschende Regime, änderte dies nichts Grundlegendes. Nur die Zusammensetzung des an der Macht befindlichen politischen Personals war eine andere.
Die einzige Wahl, die die Zukunft den Volksmassen bietet, besteht darin, entweder weiterhin auf afrikanischem Boden in Armut zu leben, unter dem Joch von Potentaten, die mal Militärchefs, mal Zivilisten sind, die mal durch Wahlen, mal durch Militärputsche an die Macht gekommen sind, die aber alle von der imperialistischen Bourgeoisie abhängig sind – oder zu versuchen, unter Lebensgefahr nach Europa zu gelangen. Die überwältigende Mehrheit derjenigen, denen dies gelingt, kann weder in Afrika noch in Europa ihrem Proletarierdasein entkommen. Es gibt keinen Weg, dem Kapitalismus zu entkommen. Es gibt keinen anderen Weg zur Emanzipation als die proletarische Revolution mit dem Ziel, dieses System zu stürzen.
Um die Arbeiter in Afrika für diese Perspektive zu gewinnen, gibt es in Afrika, Europa oder anderswo keinen anderen Weg als den Aufbau der revolutionären kommunistischen Partei und damit den Aufbau einer revolutionären kommunistischen Internationale, d.h. einer Weltpartei der proletarischen Revolution.
Diese Partei kann dort wie hier nur entstehen und sich entwickeln, indem sie einen bedeutenden Teil der Arbeiterklasse organisierte. Die Arbeiterklasse ist in allen Ländern Afrikas eine mehr oder weniger große Minderheit. Aber man darf nicht vergessen, dass dies 1917 in Russland auch der Fall war, in dem einzigen Land, in dem die Arbeiterklasse die Macht nicht nur erobern, sondern auch für eine gewisse Zeit behalten konnte.
Eine solche Partei kann nur entstehen und sich entwickeln, wenn sie politisch unabhängig ist: nicht nur unabhängig von all denen, die die imperialistische Herrschaft verteidigen, sondern ebenso unabhängig vom nationalen Kleinbürgertum, in welcher Form dieses auch immer politisch auftritt (Varianten des Panafrikanismus eines Nkrumah, des Anti-Imperialismus eines Amilcar Cabral oder Sankara usw.).
Trotz seiner relativen Schwäche in vielen afrikanischen Ländern im Vergleich zur Bauernschaft und zunehmend auch zum Subproletariat in den Slums kann das afrikanische Proletariat eine besonders wichtige Rolle auf dem Weg zur sozialen Revolution spielen. So blutig die Vergangenheit auch war und die Gegenwart ist: Das Proletariat afrikanischer Abstammung stellt auch einen bedeutenden Teil des Proletariats in Frankreich wie im gesamten entwickelten und imperialistischen Europas.
Die Kräfte und Möglichkeiten der Arbeiterklasse Afrikas und der Arbeiterklasse der imperialistischen Länder Westeuropas können und werden sich ergänzen. Sie sind dazu bestimmt, in einer einzigen proletarischen Revolution zu verschmelzen.
Eine Arbeiterrevolution in Afrika, die das politische Programm der Arbeiterklasse verkörpert, wird auf ganz natürliche Weise das Ohr des Proletariats der imperialistischen Länder Westeuropas finden.
13. Oktober 2023