Aufruf an die trotzkistische Bewegung (Februar 1976)

Yazdır
Aufruf an die trotzkistische Bewegung
Februar 1976

Wir veröffentlichen hier unten den Text des Aufrufs, der von Combat Ouvrier (Karibik unter französischer Herrschaft), Spark (USA), UATCI (Afrikanische Vereinigung der Internationalistischen Kommunistischen Arbeiter) und Lutte Ouvrière unterzeichnet wurde, und die alle mit (oder nicht) einem der bestehenden internationalen Gremien verbundenen trotzkistischen Organisationen an ein Treffen einladen will, das sich als Ziel die Aufstellung eines Rahmens setzen würde, der der ganzen trotzkistischen Bewegung erlauben würde, zu diskutieren und zusammenzuarbeiten.

Um die Zersplitterung der internationalen trotzkistischen Bewegung zu beenden

Etwa vierzig Jahre nach der Gründung der Vierten Internationale ist die trotzkistische Bewegung die einzige auf internationaler Ebene, die sich, was ihre grundlegenden programmatischen Referenzen betrifft, auf die Notwendigkeit einer unabhängigen proletarischen Politik und Organisation beruft und sich als Ziel die Einführung der revolutionären Diktatur des Proletariats setzt.

Andere Strömungen, die sich mehr oder weniger ausdrücklich auf die proletarische Revolution berufen - insbesondere die verschiedenen Varianten der so genannten "staatskapitalistischen" Gruppen - haben sich nie auf internationaler Ebene strukturiert und haben sogar diese Idee davon tatsächlich aufgegeben. Sie haben es nie geschafft, eine eigene politische Linie auszuarbeiten, und die meisten definieren sich nach der trotzkistischen Strömung, aus der die Mehrheit von ihnen im Übrigen stammt.

Was die so genannten "maoistischen" Gruppen betrifft, obwohl sie in fast allen Ländern bestehen und sogar einen beachtenswerten Einfluss in einigen unterentwickelten Ländern haben, vertreten sie - wenn sie etwas vertreten - populistische Strömungen, die offen darauf aus sind, die Arbeiterklasse vor die bürgerlichen Interessen zu spannen. Wenn es ihnen aber gelingt, sich zu entwickeln, macht das ausdrückliche Aufgeben eines Klassenstandpunktes aus ihnen Organisationen, die in der Tat andere Interessen als die des Proletariats vertreten.

Die Tatsache, dass die internationale trotzkistische Bewegung, wenigstens, was die programmatischen Referenzen betrifft, die politische Kontinuität der revolutionären Bewegung aufrechterhalten hat, die aufeinanderfolgend von der Internationalen Arbeiterassoziation von Marx und Engels, von der Zweiten Internationale bis zum ersten Weltkriege, von der Kommunistischen Internationale der Jahre 1919-1923, dann von der Linken Opposition und von der von Leo Trotzki gegründeten IV. Internationale verkörpert wurde ; die Tatsache, dass sie die einzige Bewegung ist, die diese Kontinuität in einer schwierigen Periode gegen den klassischen Reformismus, gegen den Stalinismus, gegen verschiedene sich mit marxistischen Sätzen schmückenden Varianten der "Drittwelt-Bewegung" aufrechterhalten hat, ist weitaus gewiss der größte Aktivposten der internationalen trotzkistischen Bewegung.

Es ist, weil diese politische Verbindung aufrechterhalten wurde, dass nach all diesen Jahrzehnten, wo die revolutionäre Strömung keinen echten Einfluss auf die Arbeiterbewegung hatte, neue Generationen proletarischer Revolutionäre geschult und erzogen werden können.

Aber man muss feststellen, dass es der trotzkistischen Bewegung nicht gelungen ist, sich eine lebende, zuständige und wirksame internationale Leitung zu geben, die als solche von den gesamten Kräften der trotzkistischen Bewegung anerkannt wird.

Das Auftauchen einer Internationale, einer Weltpartei der Revolution, die von wichtigen Teilen des Proletariats selbst als Leitung anerkannt wäre, geht sicherlich für einen breiten Teil über das Problem des einzigen Willens oder der Zuständigkeit der proletarischen revolutionären Organisationen hinaus. Es hängt nicht nur von der Kapazität dieser Organisationen ab, sich auf ideologischer und praktischer Ebene mit den Aufgaben der Stunde zu messen.

Die Organisationen der trotzkistischen Bewegung tragen jedoch die Verantwortung dafür, dass es nicht einmal eine internationale Leitung gibt, die den Möglichkeiten und dem Niveau der Entwicklung der Bewegung entspricht. Die Unfähigkeit, die Organisationseinheit der Bewegung aufrechtzuerhalten und die Unfähigkeit, eine von allen Gruppen anerkannte internationale trotzkistische Leitung auszubilden, sind selbstverständlich die zwei Aspekte desselben Problems.

Die Zersplitterung der trotzkistischen Bewegung drückt sich durch einen Überangebot an konkurrierenden internationalen Leitungen mit verschiedenem Einfluss aus; durch die Existenz einer großen Anzahl von trotzkistischen Organisationen, die zu keinem der bestehenden internationalen Gremien gehören; durch die oft formellen sogar fiktiven Verbindungen innerhalb sogar von jedem dieser internationalen Gremien.

Keine trotzkistische Organisation, die verantwortlich und darum besorgt wäre, dass die trotzkistische Bewegung die Rolle spielt, die die ihre sein sollte, kann mit diesen Spaltungen, mit dieser Zersplitterung zufrieden sein, die keineswegs durch das Programm begründet werden.

Ein Teil der Meinungsverschiedenheiten, die innerhalb der trotzkistischen Bewegung bestehen, bezieht sich gewiss auf wesentliche Fragen. Aber es ist gerade innerhalb einer trotzkistischen Bewegung, die fähig wäre, sein Sektierertum und seinen Ostrazismus zu überwinden, die die Auseinandersetzung der Ideen auf einer breiten Ebene erlauben würde, dass diese unterschiedlichen Analysen wirksam diskutiert werden könnten.

Es ist eben über den derzeitigen Stand der trotzkistischen Bewegung, über die Analyse der Ursachen ihrer Zersplitterung, über eine kritische Bilanz ihrer Entwicklung seit Trotzkis Tod, dass eine solche Auseinandersetzung höchst lebenswichtig und dringend notwendig zu sein scheint.

Kein Aufruf, keine Adresse oder keine einseitige Proklamation kann ein Problem lösen, das die ganze trotzkistische Bewegung betrifft.

Es ist unentbehrlich, dass ein internationaler Rahmen, wo eine solche Gegenüberstellung der Standpunkte geschehen kann, aufgebaut wird. Und das vorzuschlagen ist keineswegs mit dem Kampf um eine Internationale unvereinbar, die nach den Regeln des demokratischen Zentralismus funktionieren würde. Denn es ist im Gegenteil, wenn man handelt, um mit der Zersplitterung der trotzkistischen Bewegung Schluss zu machen, dass man handeln kann, um eine zentralisierte und demokratische internationale Organisation aufzubauen.

Wird diese Organisation aus einer der heutigen bestehenden internationalen Organisationen geschaffen? Wird sie die Frucht einer ausgedehnteren Umstrukturierung sein und auf anderen Grundlagen beruhen? Die Auseinandersetzung wird sich insbesondere auf diesen Punkt beziehen, auf dem große Meinungsverschiedenheiten Organisationen, die zu konkurrierenden internationalen Gremien gehören, von jenen, die nicht dazu gehören, trennen.

Aber der Ausgangspunkt dieser Diskussion muss die unumstrittene Tatsache sein, dass es keine internationale Organisation, die eine politische Autorität auf die gesamte trotzkistische Bewegung hat, gibt. Man muss aus dem, was besteht, dazu gelangen. Man muss aus der derzeitigen Zerstreuung die zentralisierte internationale demokratische Organisation aufbauen.

Der demokratische Zentralismus in der aufzubauenden internationalen Organisation wird nicht in der Luft hängen. Er könnte nicht nur eine Frage des Statuts sein. Er erfordert eine grundlegende programmatische Vereinbarung. Aber er erfordert auch ein politisches Vertrauen unter den Gruppen, die sie zusammensetzen und ein Vertrauen dieser Gruppen und ihrer Aktivisten in der Leitung.

Dieses Vertrauen zwischen den Gruppen, zu den jeweiligen Leitungen der anderen, besteht nicht derzeit. Es sei denn, dass eine der Gruppen fähig wäre, bedeutende Kämpfe des Proletariats in ihrem Land zu leiten, und aufgrund dieser Tatsachen zu beweisen, dass sie das politische Vertrauen der anderen verdient, wird das Sektierertum, das die Beziehungen zwischen trotzkistischen Organisationen derzeit kennzeichnet, nie erlauben, das gegenseitige Misstrauen zu überwinden.

Dieses Misstrauen kann nur durch eine ehrliche Auseinandersetzung der Standpunkte und durch eine gemeinsame Praxis überwunden werden, die, wenn sie in den heute möglichen Bereichen begonnen werden, sich später erweitern können müssen, bis sie alle Aktivitäten dieser Gruppen einschließen.

Indem sie den derzeitigen Stand der Zerstreuung der trotzkistischen Bewegung und das Sektierertum bedauern, das verhindert, etwas zu unternehmen, um es zu beenden, haben die unterzeichnenden Organisationen die Initiative ergriffen, sich an die gesamte trotzkistische Bewegung zu wenden, um einen internationalen Rahmen aufzubauen, wo von Wegen und Mitteln diskutiert werden kann, um einen internationalen Treffpunkt zu schaffen, in dem alle verschiedenen Tendenzen der trotzkistischen Bewegung zusammenleben könnten.

Der von den Unterzeichnern vorgeschlagene Rahmen soll kein zusätzliches, mit den schon Bestehenden konkurrierendes internationales Gremium sein.

Er soll auch keine einfache Diskussionsstelle sein, obwohl er in vollem Umfang auch diese Rolle muss spielen können, indem er erlaubt, die Einverständnispunkte und die Meinungsverschiedenheiten zwischen den teilnehmenden trotzkistischen Gruppen hervorzuheben und so zur Erklärung beizutragen, die für die trotzkistischen Bewegung unentbehrlich ist.

Die Unterzeichner sind sich dessen bewusst, dass, um ein politisches Programm für den weltweiten revolutionären Kampf unseres Zeitalters herauszuarbeiten, die ehrliche Auseinandersetzung mit den Gesichtspunkten nur eine notwendige Bedingung ist. Darüber hinaus ist es unentbehrlich, die Positionen von jedem am Test der politischen Kämpfe überprüfen zu können. Das Bestehen eines Programms, das von der gesamten Bewegung angenommen wäre, ist verbunden mit jenem einer internationalen Leitung, die von der Bewegung anerkannt wäre.

Die Unterzeichnerorganisationen sind der Ansicht, dass, parallel zur Diskussion der wichtigen Probleme der trotzkistischen Bewegung, der vorgeschlagene Rahmen die politische und organisatorische Hilfe untersuchen muss, die die verschiedenen Gruppen gegenseitig sich gewähren können.

Es wird den teilnehmenden Gruppen obliegen, zu beschließen, wie groß die Zusammenarbeit, die sie wünschen, gemäß ihren Bedürfnissen und ihrer politischen und organisatorischen Kapazität sein soll.

Wenn über die derzeitigen Divergenzen hinaus die teilnehmenden Organisationen den ernsthaften Willen haben, im Sinn einer immer engeren Zusammenarbeit zu arbeiten ; wenn sie sich mit den politischen und organisatorischen Problemen der anderen teilnehmenden Gruppen beschäftigen ; wenn sie alles machen, damit über die Beziehungen zwischen Leitungen hinaus immer engere Verhältnisse durch Aktivistenaustausch, durch den Austausch von Diskussionsmaterialien entstehen, usw., dann werden Vertrauensbeziehungen entstehen können, auf denen es später möglich sein wird, eine wachsende gemeinsame Disziplin zu gründen ; dann werden Führungskräfte ausgewählt und ausgebildet werden, die von allen akzeptiert werden.

Paris, Februar 1976.

Spark (USA) - Lutte Ouvrière (Frankreich) - UATCI (Afrika) - Combat Ouvrier (Karibik unter französischer Herrschaft)