Die ukrainischen Oligarchen, ihr Regime und das Abendland

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Artikel aus Lutte ouvrière vom 3. März 2022
3. März 2022

Die Ukraine steht seit langem ganz oben auf der Liste der korruptesten Regime der Welt, auch wenn die hiesige Presse nicht mehr darüber berichtet, seit die westlichen Mächte dort offen ihre Schachzüge gegen Russland vorantreiben.

Es ist auch nicht mehr erwähnenswert, dass der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selensky, ein Schauspieler und vor allem ein Unterhaltungsunternehmer, der Firmen in Steuerparadiesen besitzt, mit der finanziellen Unterstützung eines der größten Oligarchen des Landes, Igor Kolomojsky, für das Amt des Präsidenten 2019 nominiert wurde.

Zelensky ist mit dem Segen eines der Paten der Geschäftswelt - und laut der Justiz verschiedener Länder der Mafia - in die Politik eingestiegen und sticht in der Galerie der ukrainischen Machthaber der letzten dreißig Jahre nicht heraus. Und das, obwohl er von den USA, Frankreich, Deutschland usw. in ihrer propagandistischen Auseinandersetzung mit Putins Russland als neuer David gegen den russischen Goliath und als Freiheitskämpfer dargestellt wird.

Zwischen Widersprüchen und Gegenpolen

Seit dem Zerfall der Sowjetunion Ende 1991 haben die Machthaber in der Ukraine ständig zwischen widersprüchlichen Notwendigkeiten geschwommen. Die Verbindungen zum Rest der UdSSR und vor allem zu Russland waren abgebrochen. Doch die ukrainische Wirtschaft - ein Erbe der sowjetischen Wirtschaft, die über siebzig Jahre lang als Einheit aufgebaut wurde und funktionierte - konnte nicht ohne Lieferanten und Absatzmärkte in Russland auskommen. Die ukrainischen Führungskräfte und Geschäftsleute konnten noch so sehr auf eine Wirtschaft schwören, die vom kapitalistischen Profitstreben angetrieben wird, es änderte nichts an der Realität.

Ein nicht unwesentlicher Aspekt dieser Realität war, dass die imperialistischen Staaten sich weigerten, sich für ukrainische Produkte zu öffnen, selbst wenn es nur wenige waren, die in die Ukraine hätten exportiert werden können. Und ihre Kapitalisten drängten sich nicht, in der Ukraine zu „investieren“, sondern schnappten sich alles, was sie kriegen konnten. Da sie gemeinsam nur auf Brosamen hoffen konnten, mussten sich die lokalen Bürokraten und Geschäftemacher arrangieren, ebenso wie ihre russischen Kollegen, die mit der gleichen Realität der kapitalistischen Welt konfrontiert waren.

So versuchten diejenigen unter ihnen, die sich im Zuge der Privatisierungen die Unternehmen unter den Nagel gerissen hatten und von denen nur die Glücklichsten zu Wirtschaftsmagnaten, den Oligarchen, aufsteigen konnten, ihre Verbindungen und Geschäfte mit ihren russischen Kollegen zu schützen. Dies galt auch für die zahlreichen und manchmal abrupten Wechsel an der Spitze des Staates.

Im Zuge der politischen Konvulsionen, die das Land erschütterten - 2004 mit der „orangenen Revolution“, 2014 mit den sogenannten Maidan-Ereignissen - wurde die ohnehin schon zerrissene ukrainische Macht noch weiter geschwächt. In der Provinz erkannten die Behörden, die sich in den Händen von Oligarchen befanden, die manchmal paramilitärische Gruppen unterhielten, die Autorität Kiews nur formal an. Auf zentraler Ebene spielten selbst die Politiker, die sich am stärksten zum Westen hingezogen fühlten, immer wieder zweigleisig, wie etwa Premierministerin Julia Timoschenko 2004, die ihr Vermögen mit groß angelegten Gasgeschäften mit Russland gemacht hatte, oder Poroschenko, ein Geschäftsmann mit guten Verbindungen nach Russland, der 2014 durch eine Art von den USA unterstützten Staatsstreich an die Macht kam. Sie wollten Moskau schonen und gleichzeitig den Westen politisch anbaggern. Mit wenig Erfolg: Die erfolglosen Anträge der Ukraine auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gehen nicht auf den aktuellen Konflikt zurück, sondern reichen mindestens bis ins Jahr 2004 zurück.

Natürlich hat sich in den letzten dreißig Jahren, während der Präsidentschaften Krawtschuks, dann Kutschmas, Juschtschenkos, Janukowitschs, Poroschenkos und jetzt Zelenskys, die Mischung zwischen diesen beiden Anziehungspunkten der ukrainischen Politik an der Spitze immer wieder verschoben. In den letzten Jahren ging er zu Lasten Moskaus, da der Druck des Westens durch die Lieferung moderner Waffen und Militärberater sowie durch zunehmende „Finanzhilfe“, die Kiew zu einem Verpflichteten des Westens machte, immer größer wurde. Tatsächlich befindet sich die Ukraine ständig am Rande des Staatsbankrotts. Dies ist eine Folge des Verfalls und der Korruption des Staatsapparats und der Plünderung der lokalen Ressourcen durch Bürokraten, Oligarchen und große westliche Konzerne. Die Verschärfung der globalen Krise kommt noch hinzu, um das Land zu strangulieren und seine Bevölkerung ins Elend zu stürzen.

Militarisierung und nationalistisches Gift

Während der von Putin angezettelte Krieg Hunderttausend von Ukrainern in die Flucht getrieben hat, haben Millionen andere bereits vor Jahren ihr Land verlassen, um im Ausland, insbesondere in Polen, nach einem Auskommen zu suchen. Natürlich erinnern die westlichen Medien nicht daran. Sie zeigen lieber kleine Mädchen, die in der Kiewer U-Bahn Zuflucht gesucht haben und von ihrer Mutter auf Russisch aufgefordert werden, die ukrainische Nationalhymne zu singen, oder Menschen, die beim Gedanken an die ukrainische Heimat in Schwingungen geraten.

Putin hat die ukrainische Führung zwar nicht schnell in die Knie gezwungen, ihr aber einen großen Dienst erwiesen: Seine Bombenangriffe, sein Zynismus und seine Missachtung des Lebens, einschließlich des Lebens der russischsprachigen Bevölkerung, die er angeblich „vor einem Völkermord retten“ wollte, werden - hoffentlich nur für kurze Zeit - die ukrainische Bevölkerung wie nie zuvor hinter „ihren“ Führern zusammenschweißen. Und das trotz all dem, das sie von ihnen erlitten haben und immer noch erleiden und die dazu führen, dass sie regelmäßig dazu aufgerufen werden, einen neuen Mensch an der Spitze der Macht zu unterstützen, immer dann, wenn sein Vorgänger, weil er sich zu sehr in Misskredit gebracht hat, das Einzige geerntet hat, was er nicht gestohlen hat: seine Entlassung durch Protest auf der Straße.

Die Macht in Kiew versucht, all das vergessen zu machen, indem sie die Gelegenheit nutzt, die sich durch Putins Militärintervention bietet. So konnte sie die allgemeine Mobilmachung ausrufen. Verweigerer konnten auf der Straße oder in ihren Wohnungen festgenommen werden. Die Machthaber organisierten nach eigenen Angaben auch bis zu einer Million Männer und Frauen in Gruppen zur territorialen Verteidigung. Dass sie Putins Panzerwagen nicht gewachsen sind, ist Zelensky, Biden und Macron egal. Ihre Existenz wie auch ihr Tod tragen dazu bei, dass Arme und Reiche, Arbeiter/Innen und ihre Ausbeuter, das, was die Unterdrücker das Volk nennen, auf dem Boden des Nationalismus zu einem heiligen Bund hinter denen zusammengeschweißt werden, die es im Gleichschritt marschieren lassen.