Pierre Bois - Der Renault-Streik im April und Mai 1947

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Der Renault-Streik im April und Mai 1947
Juni 2014

Zur Gelegenheit des Festes von Lutte Ouvrière 2014 haben wir diese Broschüre übersetzt, die anlässlich des ersten LO-Festes 1971 veröffentlicht wurde.
Vorwort von 2009

Die hier erneut veröffentlichte Broschüre von Pierre Bois, dem wichtigsten der Streikführer des April-Mai-Streiks 1947 bei Renault, wurde anlässlich des ersten "Lutte Ouvrière"-Festes im Jahre 1971 herausgegeben.

Dieser Streik wird in vielen Arbeiten über die Nachkriegsgeschichte zitiert, weil er vom damaligen Präsidenten des Ministerrates, dem Sozialisten Paul Ramadier, als Grund für die Entlassung der kommunistischen Minister genannt wurde. Tatsächlich war das Ende der kommunistischen Regierungsbeteiligung durch die internationale Entwicklung besiegelt, das heißt den Beginn des Kalten Krieges und in diesem Zusammenhang die finanzielle Unterstützung, die die USA via den Marshall-Plan Europa gewährte.

Zwischen Juni 1944 und dem 8. Mai 1945 - Unterzeichnung des Waffenstillstandes - hatte die deutsche Wehrmacht Westeuropa, also auch Frankreich, völlig verlassen und musste sich selbst von einem großen Teil des deutschen Territoriums zurückziehen.

Am 25. April 1945, während die Rote Armee schon Berlin erreicht hatte, standen die amerikanischen Truppen erst an der Elbe, wo die zwei kurzzeitigen Alliierten sich trafen.

In dieser Periode staatlichen Machtvakuums in dem Gebiet, das provisorisch nicht mehr besetzt war, fürchteten die USA und Großbritannien einen Aufstand, oder gar eine revolutionäre Krise.

Diese Furcht war nicht unbegründet, wenn sie auch nur in drei Ländern tatsächlich eintrat. Dies genügte jedenfalls, um die Befürchtungen in allen Ländern Europas, und auch bei Churchill, zu rechtfertigen.

Zuerst stellte sich die Frage einer kommunistischen Regierungsbeteiligung in Italien. Auf die britisch-amerikanische Landung am 10. Juli 1943 in Sizilien folgte eine Palastrevolte. Mussolini wurde am 25. Juli 1943 gestürzt und verhaftet, und der italienische König betraute Armee-General Badoglio, Ex-Chef des Generalstabs, der bis dahin jahrelang dem faschistischen Regime gedient hatte, mit der Bildung einer neuen Regierung. Die Landung der Briten und Amerikaner in Süditalien gab auch den Anstoß zu einem Bündniswechsel. Die neue, nach Brindisi geflüchtete Regierung erklärte nunmehr Deutschland den Krieg. Doch die italienische Bourgeoisie bedurfte umso mehr einer Beteiligung der Italienischen Kommunistischen Partei (KPI) an der Regierungsverantwortung, als der ganze Norden des Landes bis Kriegsende von deutschen Truppen besetzt war, und sich eine bedeutende Partisanenbewegung entwickelt hatte, die weitgehend von der KPI dominiert war.

Anfangs weigerte sich die KPI in eine Regierung einzutreten, da sie Badoglio völlig zu Recht seine faschistische Vergangenheit vorwarf. Doch die Rückkehr des KPI-Generalsekretärs Togliatti aus der UdSSR im Frühling 1944 ließ ihn die "Wende von Salerno" durchführen, und am 22. April 1944 wurde er Vizepräsident der Regierung Badoglio.

In Jugoslawien vereinte Tito die verschiedenen nationalen Widerstandsbewegungen und der innere Widerstand vertrieb eigenständig die deutsche Armee. Entgegen dem Willen Stalins, respektierte Tito nicht die Abkommen der Alliierten, die die Monarchie wieder einsetzen wollten, und proklamierte die Republik.

Schließlich vertrieb auch die griechische Widerstandsbewegung ELAS die deutsche Wehrmacht und widersetzte sich siegreich der britischen Armee, die nach dem Krieg die Monarchie hier auch wieder einsetzen wollte, bis die britischen Truppen abzogen und durch amerikanische ersetzt wurden.

Daher verwarfen viele europäische Bourgeoisien durchaus nicht die Hilfe der verschiedenen kommunistischen Parteien - wenn sie diese nicht sogar darum baten - den Volksmassen einen Maulkorb anzulegen und sie in patriotische Sackgassen zu lenken, um jede revolutionäre Bewegung zu verhindern.

De Gaulle in Frankreich war darin ein Vorreiter. Um sich gegenüber den Alliierten als Chef Frankreichs durchzusetzen, benötigte er den innerfranzösischen Widerstand, und dieser durfte keine Gefahr darstellen. Da er im Wesentlichen aus kommunistischen Aktivisten bestand, benötigte de Gaulle zu allererst die Unterstützung der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF). In London empfing er schon im Januar 1943 Fernand Grenier, den Vertreter der PCF. Vier Monate später beteiligte sie sich an der Bildung des Nationalen Widerstandsrats und symbolisierte so ihre bedingungslose Unterordnung gegenüber de Gaulle.

Am 4. April 1944 ließ letzterer zwei Vertreter der PCF, Fernand Grenier und François Billoux, in den Vorläufer einer provisorischen Regierung in Algier eintreten.

In dem Maße, wie sich die deutschen Truppen zurückzogen, wurden kommunistische Parteien auch in Italien, Belgien, Österreich und Norwegen an der Regierung beteiligt. In Norwegen dauerte diese Regierungsbeteiligung nur von Juni bis November 1945, in den anderen Ländern bis 1947.

Im ersten Halbjahr 1947 waren die kommunistischen Minister in allen Ländern aus der Regierung ausgeschlossen, selbst aus der republikanischen spanischen Exilregierung. Denn Franco blieb vor, während und nach dem Krieg an der Macht.

Mit dem Zeitabstand und in Anbetracht der historischen Periode, könnte der Renault-Streik heute nur noch als Anekdote von Interesse sein. Aber auf politischer Ebene, insbesondere in Bezug auf das Verhalten der Revolutionäre in großen sozialen Bewegungen, bleibt er ein sehr lehrreiches Beispiel.

Pierre Bois war damals 25 Jahre alt und gehörte einer kleinen trotzkistischen Organisation an, die 1942 von David Korner, einem Aktivisten rumänischen Ursprungs, gegründet worden war, der 1936 mit seiner Lebensgefährtin nach Frankreich gekommen war. Sie wollten sich eigentlich der spanischen Revolution anschließen, doch angesichts der sich in Frankreich abspielenden Ereignisse, blieben sie auf Anraten Trotzkis und der IV. Internationale in Frankreich.

Die von Korner 1942 um die Zeitung La Lutte de Classes gegründete Gruppe umfasste im Laufe des Krieges nicht mehr als eine Handvoll um ihren Gründer gescharter Aktivisten. Unter ihnen der ehemalige Eisenbahner Pierre Bois, der sich nach der Befreiung in einer Fabrik einstellen ließ, um dort revolutionäre Arbeit zu betreiben. David Korner, genannt Barta, war davon überzeugt, dass selbst wenn die PCF auf dem Höhepunkt ihrer Macht stand und vollständig eine CGT kontrollierte, die das Quasi-Monopol der gewerkschaftlichen Vertretung hatte, so sollte man nicht fälschlich glauben, dass die Aktivisten der extremen Linken deshalb keine Rolle in den sozialen Kämpfen spielen, ja sogar an deren Spitze stehen könnten. Der Streik bei Renault zeigte, dass dies unter der Bedingung möglich war, dass diese Aktivisten fähig sind, die Bedürfnisse und Gefühle der Arbeitenden zum Ausdruck zu bringen.

Dies umso mehr, als die PCF in erster Linie dafür stand, die Arbeiterklasse dazu zu bringen, alle ihr von der Bourgeoisie aufgebürdeten Opfer zu akzeptieren. Die französische Bourgeoisie musste ihre durch den Krieg und die alliierten Bombenangriffe zerstörte Industrie wieder in Gang bringen, und dafür mangelte es ihr an Kapital. Selbst der Staat konnte sie nicht mit allem versorgen, was sie benötigte. Unter großen Opfern für die Bevölkerung setzte der Staat die strategischen Sektoren wieder in Stand: Straßen, Brücken, Eisenbahn, Energieversorgung durch Bergwerke, die elektrischen Anlagen und das Stromnetz.

Um dies zu erreichen, mangelte es dem Land an Kapital, Stahl, Kohle, usw. und den Arbeitenden fehlte das Notwendigste. Das Brot war ebenso streng rationiert wie jegliches Fett, von Fleisch war gar nicht zu reden. Die Rationierungsmarken erlaubten z.B. den Kauf von 50 Gramm Fleisch mit Knochen pro Woche. Milch war zu Recht praktisch nur für kleine Kinder vorhanden. Und die PCF tat alles, was in ihren Kräften stand, um die Arbeiter zum Akzeptieren von mehr und mehr Arbeit zu veranlassen.

Sehr viele Wohnungen waren durch die alliierten Bomben zerstört, so dass die Arbeiterklasse zu großen Teilen in Elendsquartieren und Notunterkünften lebte. Die PCF forderte mit all ihren Kräften, "Man muss erst mal produzieren, danach erst kann man fordern..." "um mehr zu verdienen, muss man mehr arbeiten...", sagte sie schon.

Die Union Communiste war nur eine ganz kleine Gruppe, selbst im Vergleich mit den Aktivisten der PCI (Parti Communiste Internationaliste), die den Anspruch erhob, die französische "Sektion der IV. Internationale" zu sein. Es war jedoch die Union Communiste, die diesen Streik führte und niemals spielte die PCI eine Rolle, die von vergleichbarer Bedeutung war.

Tatsächlich unterschied die Politik der Union Communiste in Bezug auf die reformistischen Apparate grundlegend von derjenigen der PCI. Der rote Faden ihrer Politik war die Überzeugung, dass die Revolutionäre sich an die Gesamtheit der Arbeiter wenden müssen, und nicht nur an die Teile, die die in den politischen und gewerkschaftlichen Apparaten organisiert waren. Letztere waren nach Ansicht der PCI per definitionem politisch bewusster als die anderen Arbeiter. Dies ging für die Aktivisten der PCI soweit, zu versuchen, als die ersten und besten der Résistance zu erscheinen, und in den Betrieben ihre Kritik an der Politik der reformistischen Apparate nicht zu äußern, um von ihnen toleriert zu werden.

Natürlich ist es wahr, dass ein revolutionärer Aktivist, seine Ansichten und seine politische Zugehörigkeit nicht offen zur Schau stellen konnte, wenn er am gewerkschaftlichen Leben teilnehmen wollte, geschweige denn ganz einfach im Betrieb bleiben wollte; denn die stalinistischen bürokratischen Apparate scheuten vor nichts zurück, weder vor Denunziantentum, noch vor Provokationen. Es stand daher für jeden revolutionären Aktivisten außer Frage, sich mit offener Fahne zu präsentieren. Der Unterschied war nur, dass die Betriebsflugblätter die die Mitglieder und Sympathisanten der UC heimlich im Betrieb verbreiteten, die wesentlichen Probleme der Arbeiterklasse, die Regierungspolitik, diejenige der Renault-Direktion, aber auch die Haltung der CGT und der PCF erklärten und kommentierten, d.h. oft ohne jede Konzession kritisierten.

Die Gruppe La Lutte de Classes verteilte Flugblätter in allen Betrieben, wo sie Aktivisten hatte. Bei Renault war es "La Voix des Travailleurs de Renault" . Diese Flugblätter wurden an den Werkstoren verteilt aber auch heimlich von den Aktivisten innerhalb der Werkshallen.

Dies war schon ein Unterschied zur Haltung der Aktivisten der PCI, die auf diese Art von Arbeit verzichteten, um sich nicht jede gewerkschaftliche Aktivität verbieten zu lassen.

Außerdem wird man sehen, dass die Genossen um "La Voix des Travailleurs de chez Renault", die alle 14 Tage ein Betriebsflugblatt verbreitete, heimlich und außerhalb der Fabrik seit Anfang 1947 Versammlungen organisierten, an denen 10 - 15 Personen teilnahmen. Ihre Zuhörerschaft vergrößerte sich mit der Teilnahme anderer Gruppen wie den Mitgliedern der MFA, der Anarchisten, der Bordigisten, von CNT-Gewerkschaftern und Trotzkisten der PCI.

Wie man weiter unten lesen wird, waren die Ansichten so unterschiedlich, dass diese Diskussionen zu Nichts führten. Es fehlte nämlich die Teilnahme einer großen Anzahl interessierter Arbeiter, die für die eine oder andere Seite den Ausschlag geben, und so über diese Verschiedenheiten urteilen hätten können.

Man wird sehen, dass die Genossen der PCI diese Versammlungen gleich als "Kampfkomitees" bezeichnen wollten, d.h. eine kleine Gruppe von Niemandem gewählter Führer, und dieses Verhalten findet man auch heute noch in verschiedenen Gruppen der Arbeiter- oder Studentenbewegung.

Nur die Genossen von "La Voix des Travailleurs" agitierten für die Forderung 10 Francs mehr pro Stunde und den Streik, und in der folgenden Beschreibung ihres praktischen Vorgehens kann man Lehren aus ihrem Verhalten ziehen.

Im Sektor Collas fanden Arbeitsniederlegungen statt, doch sie dauerten nicht lange. Immer wieder in diesem Sektor lassen die Genossen um die "Voix des Travailleurs" Unterschriftslisten (für diese Forderung) zirkulieren.

Es ist nicht so, dass die Aktivisten, die die Initiative der Petition ergriffen, an die Wirksamkeit solcher Petitionen glaubten. Tatsächlich taten sie es aus Vorsicht. Sie wollten damit die Kampfbereitschaft der Arbeiter testen. denn sie wussten, dass ein Streik für die teilnehmenden Arbeitenden eine harte Probe sein würde, da sie von allen Seiten angegriffen werden würden. Deshalb organisierten die Aktivisten eine Versammlung nach der anderen, um die Kampfbereitschaft der Arbeiter zu verifizieren und um zu ermutigen. Mit der steigenden Teilnehmerzahl stiegen auch das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in diejenigen, die zum Streik entschlossen waren. Wie man sehen wird, beschränkten sie sich nicht auf eine einzige Abstimmung, sondern bei jedem Schritt ermöglichten sie es den Arbeitenden auch, die Kampfbereitschaft der anderen zu verifizieren. Dann organisierten sie eine Versammlung, die ein Erfolg war, da 500 oder 600 Arbeiter der Abteilung 6 teilnahmen.

Zu diesem Zeitpunkt zögerten die Arbeiter noch, ihre Aktion weiter zu führen. Die Aktivisten um "La Voix des Travailleurs" ließen eine neue Petition herumgehen, die von der großen Mehrheit unterzeichnet wurde. Aber sie konnten sie nicht selbst an die Betriebsleitung weiterleiten: dazu benötigten sie die Gewerkschaftsvertreter der CGT. Diese wagten es nicht sich zu weigern, aber sie machten Sabotage.

Tatsächlich wollten die Aktivisten um La Voix des Travailleurs damit nur zeigen, auf welcher Seite diese Delegierten standen.

Am 17. April organisierten sie eine Kundgebung am Ausgang der Kantine. Dabei erinnerten sie daran, dass diese Forderung nach 10 Francs mehr pro Stunde vom Generalsekretär der CGT vorgeschlagen worden war, dass seitdem von dieser Forderung gesprochen wurde, sie aber zu nichts geführt hatte, so dass es nötig sei, sie durch einen Streik durchzusetzen. Sie erinnerten an die Gegenargumente der Streikgegner und antworteten darauf. Auch dies war ein Test, denn die Aktivisten waren nicht sicher, dass man ihnen wirklich folgen würde, und bevor sie einen Streik zu begannen, wollten sie wissen, worauf sie sich verlassen und stützen konnten.

Auf dieser Versammlung am 17. April schlugen sie die Wahl eines Streikkomitees vor und fragten nach Freiwilligen. Die Kandidaten stellten sich vor, und der Versammlungsleiter ließ sie durch eine Wahl bestätigen. Doch riefen sie nicht sofort zu einem Streik auf.

Die Aktivisten von La Voix des Travailleurs entschieden, den Streik nicht zu beginnen, ohne vorher den Vorrat an Zahnrädern zu prüfen, und die Möglichkeit, den Strom in der Abteilungszentrale sicher abstellen zu können. Sie selbst waren ungelernte Arbeiter und dazu nicht kompetent.

Ein anderes Problem war die Lohnzahlung.

Damals wurden die meisten Arbeitenden alle 14 Tage in bar gezahlt, die Zahlung mit Scheck war den Monatsgehältern reserviert und wurde erst später auf alle Beschäftigten ausgedehnt.

Man musste also die Lohnzahlung abwarten und dann weiter sehen. Dies geschah am Donnerstag. Am selben Tag fand die Wahl der Vertreter für die Soziale Sicherheit statt. Es sollte nicht den Anschein haben, dass sie diese Wahl stören wollten. Wenn man den Montag abwarten, d.h. ein Wochenende vergehen lassen wollte, dann konnte die Kampfbereitschaft wieder sinken. Man wollte den Streik also am Freitag auslösen. Doch man musste diese Entscheidung geheim halten, um den Überraschungseffekt zu nutzen.

Um die Lage nochmals zu prüfen, organisierte das Streikkomitee eine Versammlung am Mittwoch den 23. April. Diese Versammlung war ein Erfolg und gab den Genossen, die die Agitation und den Kampf bis hierhin geführt hatten, Sicherheit. Der Versammlungsleiter forderte die Arbeiter nochmals auf, sich für einen baldigen Streik auszusprechen. Fast alle Arbeiter stimmten "dafür" und er forderte die Arbeiter nochmals auf, dem Streikkomitee das Vertrauen auszusprechen, und es zu beauftragen, den Streik bei günstiger Gelegenheit auszulösen.

Wie man sieht, war der Streikbeginn keine spontane Aktion, die nur einem Kopf entsprungen war, und das ist einer der interessanten Aspekte im Text von Pierre Bois. Die Aktivisten der Voix des Travailleurs haben mit Vorsicht die Arbeiter befragt und wieder befragt, sowohl bezüglich des Streiks, als auch der Zusammensetzung des Streikkomitees.

Und auf diese Art trafen am Freitag, den 25. April um 6 h 15 die zuerst angekommenen Arbeiter die Streikposten am Tor, die ein sehr kurzes Flugblatt verteilten, das daran erinnerte, dass das Streikkomitee von der Gesamtheit der Arbeitenden gewählt, und mit dem Mandat versehen worden ist, im günstigsten Moment einen Streik für die Forderung von 10 Francs Lohnerhöhung pro Stunde und die Bezahlung der Streikstunden zu beginnen, sowie die sofortige Streikanordnung durchzusetzen.

Eine der ersten Maßnahmen des Streikkomitees war es, die Eingänge zu den Werkstätten zu kontrollieren, wo nur die Arbeiter von Renault mit einem Passierschein des Streikkomitees ein- und ausgehen durften. Die Mitglieder um die Voix des Travailleurs, die diese beiden Bedingungen nicht erfüllten, hatten also keine Möglichkeit mehr, mit den Streikenden in Kontakt zu kommen.

Korner und Bois konnten also nur selten Boten benutzen, um Kontakt zu halten.

Um 8. Uhr fand eine Versammlung in der Werkshalle statt, wo Pierre Bois an die Gründe für den Streik erinnerte, und die Arbeiter aufforderte, ihre Wahl noch einmal zu bestätigen, und sich aktiv am Streik zu beteiligen: "Noch ist es Zeit einen Rückzieher zu machen, wenn nicht, dann voran!"

Wie man sieht, haben sich die Aktivisten der Voix des Travailleurs nicht mit einer einzigen Abstimmung und einer einzigen Wahl zufrieden gegeben. Im Gegenteil, haben sie sich bei jeder Etappe davon überzeugt, dass die getroffenen Entscheidungen mit dem Wunsch der Arbeiter übereinstimmten, bevor sie sich in das Unbekannte begaben.

Der Autor: Pierre Bois, alias Vic

Pierre Bois wurde im Jahre 1922 in einer Arbeiterfamilie geboren und starb am Samstag, dem 16. Februar 2002, kurz vor seinem achtzigsten Geburtstag.

Seine Mutter entstammte einer Landarbeiterfamilie aus der Picardie. Schon als Kind war sie Hausgehilfin und arbeitete dann mit 14 Jahren als Dienstmädchen. Sie erlebte die zweimalige Massenflucht der Zivilbevölkerung in den Jahren 1914-1918 mit und kam dann in ein verwüstetes Land zurück. Schließlich wurde sie Mädchen für alles in Paris.

Der Vater von Pierre Bois entstammte einer sehr armen Bauernfamilie aus dem Limousin. Er wurde Maurer in den Vororten von Paris. Im Jahre 1912 ins Regiment gerufen, leistete er zwei Jahre Militärdienst und wurde dann während vier Jahren für den Krieg von 1914 mobilisiert: Elsass, Damenweg, Somme, Italien. Erst 1920 wurde er demobilisiert und war inzwischen ein überzeugter Antimilitarist geworden. Nach der Geburt seiner Söhne, Pierre und Jean, trat er im Jahre 1923, drei Jahre nach ihrer Gründung, in die Kommunistische Partei ein und blieb in ihr bis zum Jahre 1933.

Die Familie Bois kam im Jahre 1925 nach Goussainville (im damaligen Departement Seine-et-Oise, im Norden von Paris), in ein Siedlungsgebiet ohne Urbanisierung: Weder gab es fließendes Wasser, noch Gas, noch Elektrizität, noch Abwasseranschluss, als Straßen gab es Feldwege. Der Vater von Pierre baute sein Haus sein ganzes Leben lang, und er starb, bevor es wirklich fertig war.

Pierre Bois ging erst mit sieben Jahren in die Schule, weil man warten hatte müssen, bis es eine Schule gab. Er begann mit 15 Jahren als Maurer bei einem Kleinunternehmer zu arbeiten.

Im selben Alter trat Pierre in die Kommunistische Jugend (KJ) ein, die sich damals vor allem mit dem Spanienkrieg beschäftigte. Zusammen mit ca. 20 Genossen der KJ kaufte er ein früher der Eisenbahn gehörendes Haus, renovierte es selbst und machte es zum "Haus des KJ-Zirkels". Zu dieser Zeit begann er politische Bücher zu lesen und wurde Verantwortlicher für die Bibliothek und für den Vertrieb der Avantgarde, der KJ-Zeitung.

Mit 17 Jahren stellte ihn das Unternehmen Brissonneau ein, das Dieselrangierlokomotiven und U-Bahnwagen in Montataire, in der Nähe von Creil, im Departement Seine-et-Oise, herstellte. Zur Arbeit musste er täglich mit dem Fahrrad 70 Kilometer hin- und zurück fahren. Dann trat er in die französischen Staatsbahnen als Lehrling für die Stelle eines Büroangestellten niedrigen Ranges ein. Kurz vor dem zweiten Weltkriege, im Jahre 1939, arbeitete Pierre Bois am Bahnhof von Survilliers, immer noch im Departement Seine-und-Oise.

Er war in der KJ auch nach dem Verbot aller kommunistischen Organisationen aktiv, dann dank der relativen Bewegungsfreiheit, die er als Eisenbahner genoss, übte er seine politische Tätigkeit noch weiter während der Besatzung und nach dem Überfall Deutschland auf die UdSSR aus.

Im Jahre 1941 überzeugte ihn ein ehemaliger Mitschüler, Mathieu Bucholtz, von der wachsenden Kluft zwischen der Politik der Kommunistischen Partei und den Prinzipien des Kommunismus. Dafür veranlasste Bucholtz ihn dazu, die Grundwerke des Marxismus zu lesen und dann las er diese, mit falschem Studentenausweis ausgestattet, in der Nationalbibliothek, wo einem noch die verbotenen Werke zur Verfügung gestellt wurden. Pierre Bois stand also um drei Uhr morgens auf, um mit dem Fahrrad nach Saint-Denis zu fahren, wo er arbeitete. Er konnte dorthin nicht mit dem Zug fahren, weil er doch selbst den Bahnhof erst um fünf Uhr morgens öffnete! Er arbeitete dort bis 13 Uhr und, am Nachmittag ging er in die Nationalbibliothek bis 17 oder 18 Uhr. Dann kehrte er nach Goussainville mit dem Fahrrad zurück.

Von diesem Moment an wurde Pierre Bois ein trotzkistischer Aktivist, der an den Tätigkeiten der von David Korner gegründeten Gruppe teilnahm. Im November 1942 wurde auch die so genannte "freie Zone" von den deutschen Truppen besetzt. Korner bat ihn dann mit Hilfe seines Eisenbahnerausweises in die freie Zone zu fahren, um Raptis (Pablo, den Leiter der POI, "Parti Ouvrier Internationaliste" ), welcher in Saint-Hilaire-du-Touvet bei Grenoble in einem Sanatorium war, zu treffen, um ihm die Veröffentlichungen der Gruppe zu übermitteln. Einige Monate später gab Raptis, der nach Paris zurückgekehrt war, für die Gruppe, die inzwischen die Union Communiste (IV. Internationale) - geworden war, marxistische Bildungskurse, an denen Pierre Bois teilnahm.

Ab Juni 1943 mussten die Jugendlichen seines Alters Pflichtarbeitsdienst machen. Pierre Bois sollte zuerst als Eisenbahner der französischen Staatsbahnen an Ort und Stelle bleiben. Aber wenige Zeit später wurde er nach Hamburg zur Truppeneinschiffung herangezogen. Daraufhin wurde er "Fahnenflüchtiger" und machte bis zum Ende des Krieges Untergrundarbeit.

In der Zeit der Befreiung wurde er, weil er Trotzkist war, von Mitgliedern der Kommunistischen Partei entführt und gemeinsam mit seinem Bruder Jean zum Sitz der KP gebracht. Pierre wurde schließlich frei gelassen, Jean konnte fliehen. Aber sie erfuhren kurz danach, dass man die Leiche von Mathieu Bucholtz in der Seine gefunden hatte.

Im Dezember 1944 trat Pierre Bois eine Stellung als Arbeiter bei Citroen an, um dort politisch tätig zu sein. Zuerst arbeitete er in Saint-Ouen, in einer Presswerkstatt, wo man 28 Kg schwere Blechplatten stanzte. Die Arbeit wurde zu zweit gemacht, einer ergriff die Blechplatte, der andere ließ sie bei einem Arbeitsrhythmus von einer Blechplatte pro Minute unter die Stanze gleiten. Pierre Bois wurde dann nach Citroen Levallois versetzt, wo amerikanische GMC-Motoren, die von der Front zurückkehrten, wieder instandgesetzt wurden. Man nahm sie dort auseinander, reinigte sie und baute sie wieder zusammen. Dann arbeitete er in der Kurbelwellenwerkstatt. Schließlich wurde er nach Clichy versetzt. Nach elf Monaten verließ er Citroen und übte Gelegenheitsjobs aus, bevor Renault ihn im Mai 1946 einstellte. Er wurde der "Abteilung 6" zugeteilt, die hauptsächlich Getrieberäder anfertigte.

Im April-Mai 1947, an der Spitze der Arbeiter der Abteilungen 6 und 18, die ein Streikkomitee wählten, war er unter der politischen Leitung von Korner der Anreger und Leiter des Streiks von Renault-Billancourt, der die kommunistischen Minister dazu zwang, aus der Regierung Ramadier auszuscheiden.

In der Folge, da die CGT die Gewerkschaftsgruppe der Abteilungen 6 und 18 nicht anerkennen wollte, war Pierre Bois dazu veranlasst - obwohl das seinen eigenen Ideen nicht entsprach - eine unabhängige Gewerkschaft, die Syndicat Démocratique Renault (SDR) , zu gründen, die einen harten Kampf führte, um gesetzlich anerkannt zu werden und bei den Betriebsratswahlen kandidieren zu dürfen. Im Jahre 1949 brach die Union Communiste auseinander, infolge eines zwischen Korner und Bois entstandenen die Leitung der SDR betreffenden Konflikts. Nach der Auflösung der Union Communiste war Pierre Bois weiter bei Renault politisch aktiv. Er veröffentlichte eine kleine Zeitung, Le Travailleur Émancipé , dann nahm er mit Genossen der Fabrik, die der Gruppe Socialisme ou Barbarie nahe standen, an der Redaktion einer Zeitung namens Tribune Ouvrière teil, deren von Hand zu Hand-Vertrieb sich auf Renault beschränkte. Die erste Nummer erschien im Mai 1954. Seit dieser Zeit bis zum Jahre 1956 war Pierre Bois (der für uns immer der Genosse Vic war) mit manchen ehemaligen UC-Mitgliedern einer der Haupthandwerker der Gründung der Gruppe Voix Ouvrière und derjenige, der das größte militante Vertrauen bei allen anderen Genossen genoss. Von diesem Moment an verschmilzt sein Leben mit der Tätigkeit dieser Gruppe. Dann nach der Auflösung von Voix Ouvrière, die infolge der Ereignisse von Mai 1968 zur gleichen Zeit wie diejenige anderer linksradikaler Organisationen stattfand, war Bois für die Entstehung von Lutte Ouvrière verantwortlich.

Über den Respekt, die Freundschaft, die Kameradschaft, die Zuneigung, die wir alle für ihn hatten, hinaus war er derjenige, der in unseren Reihen das Klassenbewusstsein am besten verkörperte. Er hatte einen alten ein wenig anarchistischen Grund, aber in der heutigen Zeit der unzähligen Kompromisse und der Preisgabe der kommunistischen Ideen, war sein, der Tradition der kommunistischen Arbeiterbewegung entsprechender Radikalismus für uns ein wertvoller Schutzwall gegen alle Abweichungen. Bis zum letzten Augenblick hat er am Leben und an der Leitung unserer Organisation teilgenommen.

Etwas mehr als zwei Monate vor seinem Tode, als er Anfang Dezember 2001 unter Applaus auf die Tribüne des Kongresses von Lutte Ouvrière stieg, beendete er so seinen Vortrag:

"Zum Schluss möchte ich euch sagen: Nicht den Alten sollte man gratulieren. Selbstverständlich haben sie das Verdienst, standhaft gewesen zu sein. Aber wenn das wichtig oder jedenfalls bemerkenswert ist, so rührt das nur von den Umständen einer Zeit ohne Ideale her.

Ich möchte den Jugendlichen, die hier anwesend sind, gratulieren. Ich kann euch nicht sagen, wann die Jugend anfängt und in welchem Alter sie zu Ende ist, aber sie vertreten die Zukunft unserer Ideen und ich hoffe, dass ihnen die Aufgabe zukommen wird, diese in die Tat umzusetzen.

Ich spreche den Jugendlichen, die jetzt ins militante Leben eintreten, meine Anerkennung aus. Sie finden nämlich nicht in ihrer Umgebung die Gründe auf die Zukunft zu hoffen. Sie finden sie in sich selbst. Und dafür muss man ihnen gratulieren.

Und ich kann ihnen sagen, dass ich im Laufe von sechzig Jahren politischen Aktivismus immer glücklich gewesen bin, trotz aller Umstände, die ich durchgemacht habe. Glücklich, mich zu bilden, glücklich zu denken und glücklich, den Kopf zu heben. Glücklich, unter meinen Genossen aller Generationen zu leben und glücklich, nicht in einer ganz kleinen Umgebung eingesperrt zu sein, wie die Mehrheit der Leute es leider ist.

Also Kopf hoch, Genossinnen und Genossen, und habt Vertrauen in die Zukunft der Menschheit!"

Der Renault-Streik im April und Mai 1947

Der Streik von Renault-Billancourt bei Paris im April und Mai 1947 war der erste größere Auftritt des Industrieproletariats nach Kriegsende. Mit ihm konnte endlich wieder an die Tradition der Arbeiterkämpfe angeknüpft werden. Nachdem Streiken während des Krieges und der Besatzung verboten gewesen und bei der "Befreiung" von der CGT als "Waffe der Konzerne" abgestempelt worden war, nimmt der Streik mit dem Renault-Streik nach acht Verbannungsjahren wieder seinen Platz als Waffe der Arbeiterklasse ein. Außerdem ist er der Auftakt zu einer Reihe von Bewegungen, die alle Bereiche des wirtschaftlichen Lebens berühren werden. Eine ebenso wichtige Tatsache ist, dass er zugleich das Ende einer politischen Epoche, die der Beteiligung kommunistischer Minister an der bürgerlichen Regierung, kennzeichnet.

Der Erfolg, die Reichweite und die Auswirkungen des Renault-Streiks lassen sich insgesamt aus der ihm vorausgehenden politischen Situation erklären: der Regierungsbeteiligung der PCF.

Die politische Lage am Vorabend des Renault-Streiks

Die Anwesenheit "kommunistischer" Minister in einer Regierung der unmittelbaren Nachkriegszeit kann natürlich verwundern. Die PCF verdankt diese Beteiligung nicht nur der Anzahl ihrer Wähler. Es war De Gaulle, der sie von 1944 an sowohl gegenüber der französischen Bourgeoisie als auch gegenüber dem amerikanischen Imperialismus durchgesetzt hat. Die "Allianz" mit den Kommunisten ist eines der Meisterstücke seiner Unabhängigkeitspolitik.

Sie bringt ihm die unentbehrliche Unterstützung der breiten Bevölkerung, wodurch seine Regierung die nationale Zustimmung erhält, und er sich so gegenüber den USA durchsetzen kann.

Diese Politik wird natürlich durch die internationale Situation leichter gemacht. In Voraussicht des Kriegsendes und eventueller Unruhen, die damit einhergehen könnten, hat sich die militärische Allianz zwischen den USA und der UdSSR in eine breite konterrevolutionäre Allianz verwandelt. Die Militärbesetzung soll die Ordnung im "befreiten" Europa aufrechterhalten.

Wenn die Beteiligung kommunistischer Minister an der Regierung eines Landes in der westlichen Einflusszone den Amerikanern auch nicht sonderlich gefällt, so steht sie jedoch nicht im Gegensatz zur internationalen Strategie, die sie öffentlich bekunden.

Die PCF durchlebt ihrerseits einen ganz außergewöhnlichen Moment ihrer Geschichte. Sie kann ihre nationalistische Berufung offen mit ihrer Treue zu Moskau in Einklang bringen. Sie kann gleichzeitig der internationalen Politik des Kremls dienen und sich über ihre "Wiedereingliederung" in die französische Nationalgemeinschaft freuen.

Sie wird sich daher ganz offiziell bemühen, der französischen Bourgeoisie zu beweisen, dass sie eine echte Regierungspartei ist, eine Partei, die Verantwortung auf sich nehmen kann und die das Spiel der bürgerlichen "Demokratie" loyal mitspielt.

De Gaulle erweist ihr mit diesen Worten in seinen Memoiren (Band 3: Das Heil) die Ehre: "Gewiss, die Kommunisten werden uns zu überbieten versuchen und uns mit Beschimpfungen überschütten. Nichtsdestotrotz werden sie keinerlei Aufstand versuchen. Besser noch, solange ich regieren werde, wird es keinen einzigen Streik geben." "...Und was Thorez betrifft, er wird versuchen, die Sache des Kommunismus voranzutreiben, aber bei mehreren Gelegenheiten dem Allgemeinwohl dienen. Sobald er nach Frankreich zurückgekehrt sein wird, wird er dabei helfen, die letzten Nachwehen der ,patriotischen Milizen' zu beenden, für die einige seiner Genossen unbedingt einen neuen Untergrund wollen. In dem Maße wie es ihm die dunkle und unerbittliche Starrheit seiner Partei ermöglicht, wird er sich den Übergriffversuchen der Befreiungskomitees und den Gewaltakten, denen sich stark erregte Gruppen hingeben, widersetzen. Den - zahlreichen - Arbeitern und insbesondere Bergleuten, die seinen Reden lauschen, gibt er stets die Weisung, soviel wie möglich zu arbeiten und zu produzieren ,koste es, was es wolle'".

Doch wenn De Gaulle sich ab 1944 auf die PCF stützen kann, um zu versuchen, eine relative Unabhängigkeit vom amerikanischen Imperialismus an den Tag zu legen, auch wenn er diese Unterstützung mit ein paar Ministerposten und einigen grundlegenden gewerkschaftlichen Vergünstigungen bezahlt, so ist doch nicht minder wahr, dass die französische Bourgeoisie als Ganzes den "Kommunisten" weiterhin misstraut und sie nur als ein notwendiges und ganz gewiss vorübergehendes Übel betrachtet.

Deren Verbindungen mit Moskau lassen sie umso verdächtiger erscheinen, als die konterrevolutionäre heilige Allianz zwischen den USA und der UdSSR, nachdem die kritische Zeit der direkten Nachkriegszeit und der Wiederherstellung der Ordnung vorbei ist, weniger nützlich erscheint und natürlich beginnt, Risse zu zeigen.

Am 11. März 1947 gibt der amerikanische Präsident Truman in einer berühmt gewordenen Rede den neuen Ton der internationalen Beziehungen an, indem er gegen die "Zwangsmaßnahmen und die in Polen, Rumänien und Bulgarien angewendeten Methoden" protestiert und seine Absicht bekannt gibt, "den freien Völkern, die sich gegenwärtig den Machenschaften bestimmter bewaffneter Minderheiten und dem kommunistischen Druck widersetzen" helfen zu wollen.

Nachdem so der amerikanische Hilfsplan für Europa, der Marshallplan, angekündigt ist, wird dieser die Entwicklung hin zu der Situation beschleunigen, die man später den "kalten Krieg" genannt hat.

Über den Marshallplan spricht man in Frankreich bereits im März 1947. Tatsächlich schaut ein immer größer werdender Teil der französischen Bourgeoisie in Richtung USA. De Gaulle, der Mann, der die Politik der Unabhängigkeit gegenüber dem amerikanischen Imperialismus verkörperte, ist im Januar 1946 zurückgetreten. Das hat nichts Wichtiges in der französischen Innenpolitik, auch nicht in der Außenpolitik geändert. Das Dreiparteiensystem, d.h. die Koalition aus PCF, PS und MRP , die seiner Regierung gefolgt ist, verkörperte nicht nur die "heilige Union" aller Parteien, die sich als Vertreter der bürgerlichen Ordnung sahen, um dem französischen Kapitalismus wieder in den Sattel zu helfen, sondern auch den Willen dieses französischen Kapitalismus, dieselbe Unabhängigkeitspolitik der UdSSR und den USA gegenüber weiter zu führen. Doch ist die Lage des französischen Kapitalismus 1947 so, dass er ins Auge fassen kann, die Hilfe des Marshall-Plans anzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, sich dem amerikanischen Kapitalismus mit Leib und Seele zu unterwerfen., umso mehr, als die beginnenden Spannung zwischen Ost und West ihn nur dazu treiben kann, sich mit den allmächtigen USA enger zu verbinden. Umso mehr als die beginnende Spannung zwischen Ost und West ihm nur dazu treiben kann, sich mit den allmächtigen USA enger zu verbinden.

Im Rahmen des neuen Kräfteverhältnisses, welches sich in der Weltpolitik herausbildet, wird die Anwesenheit kommunistischer Minister in der bürgerlichen Regierung eines westlichen Landes immer anachronistischer. Aus dieser Perspektive ist die Verdrängung der Minister der PCF, wenn sie auch im April-Mai 1947 noch nicht auf der Tagesordnung steht, in der Entwicklung der internationalen Beziehungen, die 1948 zum Bruch zwischen Ost und West führen, bereits vorgezeichnet.

Der Renault-Streik wird diese Entwicklung in gewisser Weiser voraus nehmen.

Die soziale Situation am Vorabend des Renault-Streiks

Auch im Land selbst ist die Lage schwierig. Schwierig vor allem für die Arbeiter. Um die kapitalistische Wirtschaft wieder auf die Beine zu bringen zögert der bürgerliche Staat nicht, die gesamte Bevölkerung zu verarmen, indem er pausenlos die Banknotenpresse betätigt. Die Inflation galoppiert und der durchschnittliche Anstieg der Lebenshaltungskosten übersteigt 10 % pro MONAT!

Natürlich behauptet die Regierung, sie führe eine Stabilisierungspolitik, indem sie Löhne und Preise einfriert. Tatsächlich werden die Tarifverträge, die die Mindestlöhne festlegen, seit dem Krieg ständig auf später verschoben. Die Mindestlöhne aller Arbeiter, einschließlich der im Privatsektor Beschäftigten, werden von der Regierung festgelegt.

Und die Preise hören nicht auf zu steigen.

Während des Krieges waren die Lebensmittel rationiert und ihr Preis staatlich festgesetzt. In dem Maße, wie sie wieder auf den Markt kommen, sind sie dort zu Schwarzmarktpreisen zu haben. Eine Preisfestsetzung besteht nicht, die der Löhne jedoch bleibt.

Das geht nicht, ohne eine gewisse Unruhe unter den Arbeitern auszulösen. Doch die Gewerkschaften verurteilen diese Bewegung, und schaffen es, sie für eine gewisse Zeit zu ersticken. Ein Beispiel genügt, es zu beweisen.

Bereits am 1. Mai 1945 - der Krieg ist noch nicht zu Ende, da der Waffenstillstand erst am 8. Mai unterzeichnet wird - zeigen die Gewerkschaften deutlich die Richtung, die sie den Aktionen der Arbeiterklasse zu geben gedenken: Man muss zuerst produzieren, Forderungen können warten.

Der Aufmarsch am 1. Mai ist eine riesige Karnevalsveranstaltung, bei der Wagen auf Wagen folgen, die Arbeiter bei der Arbeit zeigen, die im Takt der "Marseillaise" auf Ambosse hämmern, das Ganze in ein blauweißrotes Fahnenmeer getaucht. Der Streik wird als "Waffe der Trusts" verurteilt.

Die Führer der CGT behaupten, dass "die fünf Millionen Mitglieder starke CGT eine Preisstopp-Politik durchsetzen wird". Die Wände der U-Bahn sind mit Plakaten gepflastert: "In die Hände gespuckt, dann geht's noch besser". Doch die Preise steigen weiter.

Ende Januar 1946 treten die Rotationsdrucker der Zeitungsdruckereien der Gewerkschaftslosung zum Trotz in den Streik. Sie werden von der PCF verleumdet, ihr Streik wird sabotiert. Ja es kommt sogar soweit, dass die Zeitung "L'Humanité" , die nach dem Streik vor keiner Verleumdung zurückschreckt, um den Streik in den Dreck zu ziehen, mit einer leeren Seite erscheint, da die Rotationsdrucker beschlossen hatten, einen besonders schändlichen Artikel dieser Art zu "zensieren".

Am 2. Juni 1946 sollen die Parlamentswahlen stattfinden. Die PCF spürt die Unzufriedenheit der Arbeiter und fordert angesichts der anhaltend steigenden Lebenskosten 25 % Lohnerhöhung.

Nach den Wahlen, im August 1946 steigen die Preise weiter, doch der Lohnstopp bleibt praktisch bestehen. Das einzige Zugeständnis, das der kommunistische Arbeitsminister, Ambroise Croizat, bei der Regierung zur größten Zufriedenheit der Unternehmer erreicht, besteht darin, den Arbeitern zu erlauben, die Produktionsrekorde zu brechen, um ihre Löhne zu verbessern.

1936 hatten die Arbeiter für produktionsgebundene Löhne bestimmte Höchstgrenzen durchgesetzt, um der gnadenlosen Ausbeutung in der Stücklohn- und nach Prämien bezahlten Arbeit einen Hemmschuh anzulegen. "Durchschlagt die Produktionshöchstgrenzen, Mehrarbeit, damit könnt ihr eure Löhne erhöhen". Das ist es, was der "kommunistische" Arbeitsminister jetzt von den Arbeitern fordert. Und angesichts der stetig steigenden Lebenshaltungspreise sind die Arbeiter einfach gezwungen, sich damit abzufinden, noch intensiver arbeiten zu müssen. Das umso mehr, als die Vertreter des CGT-Apparats bereitwillig die Vorarbeiter und Werkmeister ersetzen.

Bei Renault steigt die Produktionshöchstgrenze, die bereits bei 116 % lag, schnell auf 120 % und dann auf 125 %, 130 %, 140 %, 150 % und mehr. (Einige Jahre später beschließt die Geschäftsführung selbst, sie auf 145 % zurückzuschrauben und das den Protesten der Gewerkschaftsführer der CGT zum Trotz; so katastrophal war die Zahl der Arbeitsunfälle, die diese Arbeitsweise mit sich brachte.)

Angesichts der stets schneller steigenden Preise wächst die Unzufriedenheit. Vereinzelt brechen Streiks aus. Im August 1946, mitten in der Ferienzeit treten in Bordeaux auf Betreiben anarchosyndikalistischer Aktivisten der Tendenz "Force Ouvrière" die Postangestellten in den Streik, die ein außergewerkschaftliches Streikkomitee ernennen.

Die CGT ist dadurch gezwungen, Lohnforderungen in Erwägung zu ziehen, wobei sie aber weiterhin einen Preisstopp fordert und bedauert (sic!), dass die Regierung ungerechtfertigten (?) Aufhebungen des Preisstopps zugestimmt hat. Sie empfiehlt die Festlegung eines das Existenzminimum garantierenden Mindestlohns.

Bereits am 22. Mai 1945, kurz vor den Wahlen hatte der Redakteur der Zeitung L'Humanité, Georges Cogniot, aufgedeckt, dass Jacques Duclos bei der Haushaltsdebatte für das Jahr 1947 die Festlegung eines Mindestlohns in Höhe des Existenzminimums von 84.000 Francs jährlich, d.h. 7.000 Francs monatlich, gefordert hatte.

In einem Artikel der Zeitung L'Humanité vom 27. Dezember 1946 kurbelt Benoît Frachon die Idee des Existenzmindestlohns wieder an. Er erklärt: "Die sorgfältige Arbeit dieses Ausschusses (der Bundeswirtschaftsausschuss der CGT) ergab eine erste Zahl von 103.800 Francs im Jahr. Auf Anfrage des Bundesbüros der CGT und um der allgemeinen Lage des Landes Rechnung zu tragen, hat er neue Berechnungen angestellt, um die Untergrenze für das Einkommen eines Arbeiters festzulegen, die zu unterschreiten unmöglich ist, ohne die Gesundheit und die PRODUKTIVITÄT DER ARBEITER zu gefährden. (Hervorhebung von uns). Aus dieser Studie ergab sich ein Betrag von 84.000 Francs."

Anfang Januar 1947 erklärt die Regierung eine behördliche Preissenkung von 5 %. Natürlich sind keine Mittel vorgesehen, um zu kontrollieren, dass diese Preissenkung, die so oder so nach einer Reihe weitaus bedeutenderer Preisanstiege erfolgt, deren Rückgängigmachung keineswegs zur Diskussion steht, auch tatsächlich eingehalten wird.

In einem Artikel der Zeitung L'Humanité vom 7. Januar 1947 begrüßt Benoît Frachon die Regierungsentscheidung, doch erhält er den Vorschlag des "Existenzmindestlohns" von 7.000 Francs aufrecht, den er folgendermaßen begründet:

"1938 betrug der Stundenlohn eines ungelernten Metallarbeiters im Großraum Paris 8,06 Francs. Die Regierungsbeschlüsse aus dem August haben ihn auf 25 Francs (gesetzlicher Mindestlohn) angehoben. Die Forderung der CGT würde ihn auf 7.000: 200 = 35 Francs anheben, d.h. ein Koeffizient von 4,34.

Die offiziellen Zahlen der Lebenshaltungskosten, die auf der Basis 100 für denselben Zeitraum 1938 berechnet werden, ergeben 857,79 für den Monat Oktober."

Man sieht, die Zahlen der CGT sind nicht übertrieben hoch; die von ihr empfohlene Lohnerhöhung entspricht der Hälfte des offiziellen Anstiegs der Lebenshaltungskosten.

Im Übrigen akzeptiert die CGT die Berechnung auf der Basis von 200 Stunden pro Monat, d.h. 48 Stunden in der Woche, wobei diese offizielle Entsagung von der Vierzigstundenwoche damit gerechtfertigt werden, was Regierung und Gewerkschaften "die Produktionsanstrengung!" nennen.

Doch sind dies nur Vorschläge, die die CGT der Regierung macht. Sie plant nichts, womit man diese Vorschläge durchsetzen könnte.

Renault wurde 1945 nationalisiert oder besser gesagt in einen "nationalen Staatsbetrieb" umgewandelt. Das Unternehmen wird damit zu einem Trumpf in den Händen des Staates. Es dient ihm als Vorbild und Richtungsweiser für die wirtschaftliche und politische Ausrichtung der Regierung. Doch es wird auch zu einem Trumpf in den Händen der Stalinisten.

Damals existierte praktisch nur die CGT bei Renault. In den Büros war die CFTC und bei den leitenden Angestellten die CGC vorhanden, doch war ihr Einfluss so ziemlich gleich null. Die meisten christlichen Gewerkschaftsaktivisten sind bei der CGT, nicht bei der CFTC. Wird von den Gewerkschaften gesprochen, meint man damit hauptsächlich die CGT.

Die PCF bemüht sich über die CGT innerhalb des "Betriebskomitees" und seines Ablegers, des "gemischten Produktionsausschusses" seine regierungsfreundliche Politik an den Mann zu bringen, die darin besteht, den Arbeitern die Opfer aufzuzwingen, die nötig sind, um die kapitalistische Wirtschaft wieder in den Sattel zu heben.

Ihre Rolle beschränkt sich nicht nur auf Renault. Der Bergbau und die SNCF (staatliche Eisenbahnen) sind ohne Zweifel die Wirtschaftsbereiche, in denen die Politik der in der Regierung sitzenden Stalinisten mit der größeren Kraft betrieben wird. Doch Renault ist von besonderer Bedeutung: Das nationalisierte Unternehmen ist Leitfigur für den privaten Wirtschaftssektor.

In den Werkshallen haben die Meister einen Großteil ihrer Autorität verloren. Sie haben sich unter dem Unternehmenschef Louis Renault kompromittiert, der keinen Hehl aus seiner Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der deutschen Besatzungsmacht gemacht hatte.

Nun übernehmen ohne Skrupel die stalinistischen Gewerkschafter die Aufgabe, die Arbeiter auszusaugen. Sie treiben sie zur Produktion an, wohl im Glauben, die Stunde des Stachanowismus hätte bereits geschlagen.

Sie sind es, die die Arbeiter denunzieren, die den Strom ihres Kollegen Marcel Paul, des kommunistischen Industrieministers verplempern, wenn sie eine elektrische Glühbirne ein wenig zu lange brennen lassen. Sie sind es, die die Arbeiter als Diebe hinstellen und sie feuern lassen, als einige von ihnen die Unverfrorenheit besitzen, eine zweite Mahlzeit in der vom Betriebskomitee finanzierten Kantine einzunehmen. Es lassen sich gar nicht alle Taten aufzählen, die sie zu schlimmeren Sklaventreibern machen als die durchaus berüchtigten Vorarbeiter vom "alten Herrn" Renault.

Wenn einige Meister Widerwillen zeigen, die Produktionshöchstgrenzen zu durchbrechen, so sind es die Vertrauensmänner, die gegen diese "Saboteure" der nationalen Produktion vorgehen.

In dieser vergifteten Stimmung, die in starkem Kontrast zu den Hoffnungen der "Befreiung" steht, tritt die Unzufriedenheit ab Ende 1946 offen zutage.

Eine revolutionäre Strömung

In der Abteilung 6 entwickelt sich eine kleine Strömung gegen die stalinistische Politik. Diese Strömung wird von Arbeitern der Union Communiste (trotskyste) (UC) angeregt, eine Gruppe, die die Zeitschrift La Lutte de Classes herausgibt.

Die UC unternimmt nicht zum ersten Mal eine politische Arbeit in der stalinistischen Festung Renault. Bereits 1945 hatte ein Genosse eine Aktivität in den Gießereien begonnen. Doch nachdem er in einem Flugblatt gegen die Herabsetzung der Rationen in der Betriebskantine protestiert hatte, war er von den Vertrauensmännern vor die Betriebsleitung geschleppt worden, die ihn auf der Stelle entlassen hatte.

Man muss wissen, dass damals die Zahl der revolutionären Aktivisten, die es wagten, in oder vor dem Betrieb das "stalinistische Monopol" über die Arbeiterklasse in Frage zu stellen, extrem gering war. Ein Aktivist der PCI hatte zur gleichen Zeit eine Arbeit bei Renault begonnen, doch die PCI hatte ihre Pläne schnell wieder aufgegeben.

Denn in den Augen der PCI "mussten frontale Zusammenstöße mit den Stalinisten vermieden werden", unter dem Vorwand, sie seien die "Vertreter der Arbeiter". Die Genossen der PCI unterließen es gleichermaßen und wahrscheinlich um die Stalinisten nicht frontal anzugreifen, ihre Zeitung "La Vérité" am Werkstor zu verkaufen.

Die Genossen der UC verteilten regelmäßig Flugblätter und verkauften ihre Zeitung vor dem Tor und wurden ebenso regelmäßig von den stalinistischen Schlägertypen angegriffen.

Die Arbeiter waren den revolutionären Aktivisten eher wohlgesinnt, aber nur wenige wagten es, offen ihre Partei zu ergreifen. Sie wussten nur zu gut, welchem Druck sie im Betrieb ausgesetzt sein würden.

Diejenigen, die es wagten, hatten schwer zu kämpfen und wurden von den Stalinisten isoliert.

Ende 1946 versucht die CGT bei Renault gegenüber der wachsenden Unzufriedenheit der Arbeiter und ihrem Unvermögen, ein paar Forderungen einzulösen, die die Preissteigerungen ein wenig hätten lindern können, einen Winkelzug zu finden, um Lohnforderungen aufzustellen. Sie führt die Idee einer "progressiven Produktionsprämie" (PPP) ein.

Anfang Januar 1947 gibt sie einen "ersten Erfolg" bekannt. Sie hat eine progressive Produktionsprämie von 2 Francs pro Stunde zum Koeffizienten 100 erreicht, die rückwirkend ab dem 1. September 1946 in Kraft tritt.

Doch anstatt zufrieden zu sein, ist die Belegschaft empört über diese Prämie.

Im Sektor "Collas" (Abteilungen 6 und 18) hat sich auf Initiative eines Aktivisten der trotzkistischen Gruppierung "Lutte de Classes" (Union Communiste - trotskyste) eine kleine revolutionäre Gruppe gebildet.

Die Arbeiter dieser Gruppe berufen sich nicht alle auf den Trotzkismus. Sie sind Arbeiter, die kämpfen wollen, damit sich etwas ändert. Sie sind gegen den Kapitalismus, nennen sich aber nicht Kommunisten. Im Gegenteil, denn für sie ist der Kommunismus die PCF, die sie auffordert, in die Hände zu spucken und deren verantwortliche Mitglieder sich wie Sträflingsaufseher benehmen.

Kampfvorbereitungen

Sie beginnen eine Agitationskampagne gegen die progressive Produktionsprämie (PPP, die, da sie hierarchisch gestaffelt ist, den "unproduktiven" Werktätigen mehr bringt als den "produktiven"). In der Abteilung 6, die 1.200 Arbeiter zählt, lassen sie eine Petition herumgehen, die trotz der Feindseligkeit und den Behinderungen der CGT-Gewerkschaftsführer 850 Unterschriften zusammenbringt.

Am 15. Februar 1947 bringen sie die erste Ausgabe einer Betriebszeitung mit dem Titel "La Voix des Travailleurs de chez Renault" heraus.

Am selben Tag veranstaltet die Gewerkschaftsgruppe eine Versammlung, um Vertreter bei einer "Produktionskonferenz" zu benennen. Über die Prämie und ihrer Umlegung sagen sie kein Wort.

Die Arbeiter, die die Unterschriftensammlung initiiert haben, fordern die Belegschaft auf, an der Versammlung teilzunehmen.

Hier der Text ihres Aufrufs:

GENOSSEN DER ABTEILUNGEN 6 UND 18,

Unsere Gewerkschaftsgruppe beruft eine Versammlung ein, um Vertreter für die Teilnahme an einer "Produktionskonferenz" zu benennen. Aber sie hat uns keine Antwort auf unsere Petition über die Prämie gegeben.

Wir wissen, dass die Gewerkschaftsvertreter unseren Protest ersticken wollen. Da sie Angst haben, vor uns allen Rechenschaft abzulegen, wollen sie den nicht gewerkschaftlich organisierten Kollegen den Zugang zu der Versammlung verweigern.

Wir dürfen uns von ihren bürokratischen Vorgehensweisen nicht mundtot machen lassen.

Organisierte und nicht organisierte Kollegen, kommt alle heute Abend in die Kantine, um die Prämiengleichheit durchzusetzen.

Arbeiter des Sektors

Normalerweise herrscht gähnende Leere bei den Gewerkschaftsversammlungen aber an diesem Tag nehmen mehr als 100 Arbeiter teil.

Die CGT-Führer haben die Sache kommen sehen und Gewerkschafter am Eingang platziert, die nicht nur den nicht organisierten Arbeitern, sondern auch denjenigen Gewerkschaftsmitgliedern den Zutritt verwehren, die mit ihren Beiträgen im Rückstand sind.

Man muss wissen, dass damals fast alle Arbeiter Mitglied der Gewerkschaft waren, da der Gewerkschaftsapparat einen dazu praktisch zwang. Die Beitragsmarken und Zeitungen wurden offen in den Werkstätten verkauft und wer sie ablehnte, hatte schnell die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Trotzdem, seit einiger Zeit lehnten einige Arbeiter es ab, ihre Beiträge zu zahlen.

Die Arbeiter, die die Petition ins Leben gerufen hatten, geben zu bedenken, dass die Tatsache, mit seinen Beiträgen im Rückstand zu sein, vor allem wenn dieser Rückstand weniger als drei Monate beträgt, nicht als Austritt aus der Gewerkschaft betrachtet werden kann. Und da sie bei weitem in der Mehrzahl sind, schubsen sie ein bisschen und verschaffen sich Zugang zur Werkskantine, die als Versammlungsort dient.

Nach dem Bericht des Gewerkschaftsvertreters über die viel zitierte "Produktionskonferenz" ergreifen mehrere Arbeiter das Wort gegen die Produktionsprämie.

Woraufhin der Sekretär der Gewerkschaft sich voller Wut erhebt: "Es scheint, man will die CGT am Reden hindern (die CGT, das ist er, nicht die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter). Es scheint, es wird hier Demagogie betrieben..."

Bei diesem Wort "Demagogie" steht ein Arbeiter auf und sagt: "Wir haben verstanden, die Sitzung ist geschlossen". Und geht raus, gefolgt von der Versammlung, mit Ausnahme der 13 Getreuen des Gewerkschaftsapparats!

Nach diesem Vorfall hatten wir, wie unser Genosse es so schön gesagt hatte, verstanden. Wir hatten verstanden, dass, wenn wir etwas unternehmen wollten, wir das ohne die Gewerkschaften, und sogar gegen sie tun mussten.

Die Genossen, die sich um La Voix des Travailleurs de chez Renault zusammengeschlossen hatten, setzen ihre Arbeit fort. Sie bringen ihre Betriebszeitung alle 14 Tage heraus, veranstalten Treffen, zu denen 10, 12, 15 Leute zusammenkommen. Ihre Zuhörerschaft wächst. Bald schon finden Versammlungen statt mit den Mitgliedern der MFA , einer ökonomistischen Bewegung, zu der vor allem Vorarbeiter zählen, mit Anarchisten, Gewerkschaftern der CNT , Bordigisten und Trotzkisten der PCI.

Zu diesen Versammlungen kommen 50 bis 60 Leute; allerdings herrscht eine ziemliche Konfusion, da jeder seine Meinung durchsetzen will.

Die MFA kritisiert die Lohnerhöhungen, die zu nichts führen. Doch angesichts der Preissteigerungen, gegen die sie nichts ausrichten können, stimmen sie zu, sich dem Vorschlag einer Lohnerhöhung anzuschließen.

Die PCI (trotzkistisch) möchte diese Versammlungen unbedingt "Kampfkomitee" nennen, um sie einer gemeinsamen Disziplin zu unterwerfen, sowohl was die Ziele, als auch die konkrete Organisation betrifft.

Die Anarchisten der CNT debattieren über den "Herdentrieb der Massen". Sie haben kein wirkliches Ziel. "Was man braucht, ist ein Streik, den Rest sehen wir später".

Was die Bordigisten betrifft, so sind sie in zwei Tendenzen gespalten. Für die einen zählt vor allem die "Theorie", die man vertiefen soll, bis dass die Arbeiter von selbst bereit sind, den Kampf zu beginnen (unter ihrer Führung natürlich). Die anderen sind für sofortiges Handeln, um die bürgerliche Herrschaft umzustürzen und sie durch die Macht der Arbeiter zu ersetzen, jedoch ohne die "Diktatur" einer Partei. Ein wenig günstiges Klima für konkretes Handeln.

Die Genossen der "Voix des Travailleurs chez Renault" entgegnen den Genossen der PCI, dass die Gruppe sich nicht "Kampfkomitee" nennen und auch nicht als solches handeln kann.

"Wir sind Genossen verschiedener Strömungen - erklären sie im Wesentlichen - wir haben verschiedene politische Ausbildungen und daher auch verschiedene Ideen und Standpunkte. Dass wir unter uns einig werden, ist eine Utopie. Was wir tun müssen, ist, uns an die Arbeit zu machen und die Werktätigen organisieren. Es ist unser Recht, zu versuchen, sie nach unseren jeweiligen Überzeugungen zu beeinflussen, aber es ist unsere Pflicht, uns ihren kollektiven Entscheidungen unterzuordnen. Die ,Komitees' sind Kampforgane der Arbeiterklasse, in die die Arbeiter ihre jederzeit absetzbaren Vertreter wählen, um die von den Arbeitern mehrheitlich getroffenen Entscheidungen in die Tat umzusetzen.

Wir müssen den Arbeitenden dabei helfen, ihre eigenen Komitees zu bilden, und nicht uns selbst zum Kampfkomitee ernennen."

Die Genossen der "Voix des Travailleurs de Renault" schlagen daher vor, die Diskussionen einzustellen, die ohne eine Kontrolle durch die große Masse der Arbeiter nur fruchtlos sein können. Sie schlagen vor, dass man sich auf zwei Ziele einigt:

1 - Angesichts der Preissteigerungen, der Regierungspolitik und der Komplizenschaft der sich auf die Arbeiterklasse berufenden Organisationen, den Arbeitern vorschlagen, Lohnerhöhungen von 10 Francs auf den Grundlohn zu verlangen.

2 - In Erwägung, dass eine solche Forderung nur mit einem Streik durchgesetzt werden kann, für den Streik zu agitieren.

Tatsächlich agitieren nur die Genossen der Voix des Travailleurs de Renault für den Streik in diesem Sinne. Die CNT verteilt Handzettel, auf denen in immer größeren Lettern das Wort "STREIK" geschrieben steht, ohne weitere Erklärungen.

Diese Agitation entwickelt sich in einem umso günstigeren Klima, als es seit einiger Zeit in mehreren Sektoren der Fabrik zu spontanen Reaktionen auf die Preissteigerungen kommt, die jedoch jedes Mal vom stalinistischen Apparat der CGT erschwert und in Zaum gehalten werden.

Pierre Bois schrieb dazu folgendes in einem Artikel, der in La Révolution Prolétarienne unter dem Titel Das Anbrechen des Streiks veröffentlicht wurde:

"Seit einigen Wochen kam es im Betrieb zu verschiedenen Bewegungen, die alle Lohnforderungen zur Ursache hatten. Die Produktion ist innerhalb eines Jahres um 150 % gestiegen (66,5 Fahrzeuge im Dezember 1945 und 166 im November 1946) aber unsere Löhne sind nur um 22,5 % erhöht worden, während der offizielle Preisindex um 60 % bis 80 % gestiegen ist.

Auf der Insel haben die Jungs wegen einem Problem mit der Prämie die Arbeit niedergelegt, bei der Wartung um einen Lohn nach Leistung zu verlangen. In der Formgießerei haben die Arbeiter eine Woche lang gestreikt. Leider haben sie nichts unternommen, um ihre Bewegung bekannt zu machen, denn sie dachten, ,alleine hätten sie mehr Aussicht auf Erfolg'. Nach einer Woche Streik haben sie eine Erhöhung von vier Francs bekommen, außer für die P1 .

Auch in den Artilleriewerkstätten gab es einen Streik. Dort waren es die Dreher, die am Donnerstag, dem 27. Februar als erste die Arbeit niedergelegt haben, nachdem die Zeitnehmer in der Halle aufgetaucht waren. Die anderen Arbeiter in dem Sektor haben sich mit der Bewegung solidarisch erklärt, und es wurde eine generelle Forderung aufgestellt von 10 Francs Lohnerhöhung pro Stunde sowie die Festsetzung des Akkords auf 100 %, was faktisch die Abschaffung der Akkordarbeit bedeuten würde. Unter dem Druck der CGT wurde die Arbeit wieder aufgenommen. Letztendlich haben die Arbeiter außer eine Angleichung des Prämiensatzes, die ihnen 40 Centimes die Stunde einbringt, nichts erreicht.

In Halle 5 (Härtung, Sektor Collas) führte eine Arbeitsniederlegung zu einer Erhöhung von 2 Francs.

In Halle 17 (Schablonenbau) forderten die Arbeiter, die fast alle Facharbeiter sind, seit drei Monaten eine Lohnerhöhung. Da sie keine Antwort erhielten, legten sie die Arbeit spontan nieder.

In einem anderen Sektor veranstalten die Arbeiter eine Unterschriftensammlung für eine Neuwahl der Gewerkschaftsvertreter. Mit folgendem Ergebnis: 121 Enthaltungen, 42 ungültige Wahlzettel mit eindeutigen, an die Gewerkschaftsführung gerichteten Aufschriften, 172 Stimmen für den Vertreter der CGT und 32 für den der CFTC.

Im Sektor Collas lassen die Arbeiter Unterschriftensammlungen gegen die schlechte Umlegung der Leistungsprämie herumgehen. Dies findet Nachahmer in anderen Sektoren. Doch stoßen diese Initiativen dort auf den systematischen Widerstand der Gewerkschaftsführer.

Die Belegschaft aus Halle 31 des Sektors Collas, die aus Solidarität mit der Halle 5 die Arbeit spontan niedergelegt hatte, wurde, nachdem sie die restliche Belegschaft der Abteilung nicht mitziehen konnte, in ihrem Elan von den Vertrauensleuten gestoppt. Man sieht, seit einigen Wochen kommt eine immer stärker werdende Bewegung auf. Überall der Wille, loszuschlagen, aber überall auch systematische Sabotage durch die Gewerkschaftsführer und absolutes Fehlen von Führung und Koordination."

Ein misslungener Versuch

Mitte März 1947 legen die Arbeiter der Halle 5 (Härtung-Zementierung) die Arbeit nieder und fordern eine Lohnerhöhung von 2 Francs die Stunde.

Aus der nahe gelegenen Abteilung 6 stattet eine Abordnung bestehend aus den Arbeitern, die La Voix des Travailleurs de chez Renault herausgeben, die aber als solche nicht bekannt sind, da der kleinste "Beweis" für ihre Entlassung genügen würde, den Streikenden der Halle 5 einen Besuch ab.

Der Vertrauensmann dieser Halle, ein engstirniger Stalinist, dessen Klappe genauso groß ist wie er selbst, lässt sie abblitzen. Er braucht nicht nur keine Hilfe von denen aus Abteilung 6, er will auch nicht, dass sie seine Bewegung kompromittieren, indem sie sich ihr anschließen.

Die Genossen von Abteilung 6 hatten von diesem Heini nichts anderes erwartet. Trotzdem ist das ein Problem. Was ist zu tun?

Wenn wir anfangen zu streiken, werden die Stalinisten der CGT heulen, dass wir "ihren Streik" sabotieren. Andererseits ist klar, dass wir nur dann etwas versuchen sollten, wenn andere den Kampf bereits aufgenommen haben.

Die Arbeiter entscheiden blitzschnell, zu streiken. Sie sind ungefähr 100, von den 1.200 Kollegen der Abteilung 6 und den 1.800 Kollegen des Sektors Collas (Abteilungen 6 und 18). Aber mit nur 100 Leuten zu streiken, kommt nicht in Frage.

Die Streikenden verteilen sich in der Werkshalle, um die anderen Arbeiter aufzufordern, sich in der Eingangshalle des Werksgebäudes zu versammeln und gemeinsam zu entscheiden, ob die Bewegung weitergeführt werden soll oder nicht.

Ungefähr die halbe Abteilung, d.h. 500 bis 600 Arbeiter, stellen die Maschinen ab und kommen zur Versammlung. Doch während die Versammlung noch im Gang ist, tauchen die Gewerkschaftsdelegierten, die eine Sitzung hatten und von der Sache erfahren haben, eilig auf, schmeißen die Maschinen wieder an und beginnen mit ihrer Demoralisations- und Verleumdungskampagne.

"Ihr werdet mit Streik nichts erreichen", sagen sie im Wesentlichen. "Die Bosse warten nur darauf, um die Polizei zu rufen und ein Streik kann einen Monat dauern, vielleicht noch länger. Ihr werdet am Hungertuch nagen. Ihr lasst euch von Abenteurern, ehemaligen Kollaborateuren verführen, usw., usw." Die Arbeiter berühren diese Argumente kaum. Aber sie wissen, dass sie die Unternehmensleitung und die Regierung gegen sich haben. Sich darüber hinaus auch noch gegen die Gewerkschaften zur Wehr setzen zu müssen, das scheint ihnen über ihre Kräfte zu gehen.

Die Bewegung weicht zurück. Die Maschinen laufen wieder, die Arbeiter arbeiten. Angesichts dieser Auflösung beenden die Genossen, die die Versammlung einberufen haben, die Bewegung, stellen ihr Misslingen fest und nehmen sich vor, sich beim nächsten Mal besser vorzubereiten.

Zum Streik

Die Genossen von La Voix des Travailleurs de chez Renault haben den Mut nicht verloren und machen mit ihrer Aktion weiter.

Anfang April lassen sie eine Unterschriftensammlung mit der Forderung von 10 Francs auf den Grundlohn herumgehen. Überall, wo sie den Arbeitern vorgelegt werden kann, wird sie von einer großen Mehrheit unterschrieben.

Nur Gewerkschaftsvertreter können der Betriebsleitung eine Petition überreichen. Angesichts des Erfolgs dieser Unterschriftsaktionen trauen sich diese nicht, abzulehnen, aber sie sabotieren.

Hier üben sie Druck auf die Arbeiter aus, um zu verhindern, dass die Listen zirkulieren, dort nehmen sie die Blätter und lassen sie dann verschwinden.

Niemand macht sich Illusionen, was die Wirksamkeit von Petitionen angeht, aber die Arbeiter geben ihre Unterschrift ab, weil das ein Mittel ist, ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen und einer nicht leistungsgebundenen Lohnerhöhung ihre Zustimmung zu geben.

Und dann auch, weil sich damit testen lässt, wieweit die CGT-Vertreter es wagen werden, sich ihrem Willen entgegenzustellen.

Und schließlich drücken viele mit ihrer Unterschrift ihre Missbilligung des Verhaltens der Gewerkschafter aus, oder sogar ihre Feindseligkeit, und sind froh, sie auf diese Art zum Ausdruck bringen zu können.

Die Gespräche drehen sich um 10 Francs Lohnerhöhung und Streik. Die verschiedenen Ausgaben der Betriebszeitung La Voix des Travailleurs de chez Renault bewirken eine gewisse Agitation. Es hat Unterschriftenaktionen gegeben und einen abgebrochenen Streikversuch im März, aber das alles führt zu nichts.

Einige Arbeiter sind ungeduldig. "Wird's bald mit diesem Streik!". Andere sind skeptisch.

Auf einer ihrer Sitzungen beschließen die Arbeiter, die La Voix des Travailleurs de chez Renault herausgeben, zu handeln.

Am Donnerstag, dem 17. April 1947 organisieren sie eine Versammlung am Kantinenausgang. Die Schichtarbeiter sind natürlich nicht da. Aber die große Mehrheit derjenigen, die "Normalschicht" fahren, ist anwesend.

Der Redner steigt auf ein Fenstersims eines Gebäudes, das sich direkt am Ausgang der Kantine befindet.

Er erläutert den Arbeitern die Lage.

"Die Preise steigen, die Löhne bleiben eingefroren. Was wir brauchen, sind 10 Francs mehr auf den Grundlohn."

Diese Ziffer hat er sich übrigens nicht aus dem Ärmel geschüttelt. Es ist die, die vom Generalsekretär der CGT, Benoît Frachon, vorgeschlagen wurde und die das Bundeskomitee der CGT beibehalten hatte.

"Wir müssen diese Forderung durchsetzen. Und es gibt in der Tat kein anderes Mittel als den Streik. Die Führer der CGT sind gegen den Streik, wir müssen ihn also ohne sie, vielleicht gegen sie führen."

Der Redner widerlegt die Argumente, die die Gewerkschafter bei dem missglückten Streikversuch vorgebracht hatten.

"Man sagt uns, dass wir einen Mordshunger haben werden. Aber wir verhungern seit fünf Jahren. Man sagt uns, dass die Regierung uns mit Tränengas angreifen wird, wie am 30. November 1938. Fünf Jahre lang mussten wir mit noch ganz anderen Sachen fertig werden als Tränengas. Die Bomben ließen nicht nur die Augen tränen; sie zerstörten unsere Häuser und uns mit ihnen.

Ja, man könnte meinen, dass die, die sich auf die ,Partei der Erschossenen' berufen, die sich als ,Helden des Widerstands' bezeichnen, in den fünf Jahren, die der Krieg gedauert hat, nichts davon bemerkt haben."

Der Redner erläutert die Schwierigkeiten, die der Kampf mit sich bringen wird, ohne sie schön zu färben: Entbehrungen, vielleicht Schläge, und im Fall, dass wir verlieren, Entlassungen. Aber daneben erinnert er an die 100 Mal schlimmeren Leiden, die "wir für Interessen durchgemacht haben, die nicht die unseren waren".

"Es wird schwierig werden, aber wir sind durchaus in der Lage, einen Kampf zu führen und zu siegen."

"Und diejenigen, die uns davon abbringen wollen, indem sie uns für unfähig erklären, verachten uns oder haben Interessen, die nicht die unseren sind, oder beides zugleich."

Der Redner beendet seine Ausführung mit einem Aufruf zum Kampf.

Zunächst schlägt er vor, über den Grundsatz einer Lohnerhöhung von 10 Francs auf den Grundlohn abzustimmen. Alle Hände gehen nach oben, außer ungefähr 30, die Unverbesserlichen der PCF. Dann schlägt er vor, ein Streikkomitee zu bilden und bittet um Freiwillige. Die Freunde von La Voix des Travailleurs de chez Renault melden sich. Weitere folgen.

Die Kandidaten steigen auf die improvisierte Bühne und der Redner lässt ihre Kandidaturen durch Abstimmung bestätigen.

Die Anwesenden warten darauf, dass der Streik ausgerufen wird. Daraufhin erklärt der Redner den Arbeitern, dass das Streikkomitee, das sie soeben gewählt haben, der Unternehmensleitung die Forderung vorlegen wird. Von nun an ist dieses Komitee mandatiert, in ihrem Namen zu handeln. Und das wird es tun. Doch für heute bittet das Komitee die Arbeiter, an ihre Arbeit zurückzugehen.

Sobald das Meeting beendet ist, begibt sich das Streikkomitee zum Abteilungsleiter, der damit beginnt, Schwierigkeiten zu machen, indem er behauptet, dass die Mitglieder des Streikkomitees keine "legalen" Vertreter seien.

Die Vertreter des Streikkomitees weisen ihn darauf hin, dass sie nicht aufgrund bürgerlicher Gesetze, sondern von den Arbeitern selbst gewählt wurden.

Sich zu weigern, mit ihnen zu diskutieren, wäre eine Beleidigung für die Arbeiter, die sicher ihre Schlussfolgerungen daraus ziehen würden.

Daraufhin wechselt der Abteilungsleiter seine Verteidigungsstrategie.

Leider kann nicht er über die Forderung nach 10 Francs die Stunde auf den Grundlohn entscheiden. Er wird sie der Betriebsleitung weiterleiten.

Das Streikkomitee gibt ihm 48 Stunden, um ihnen die Antwort der Betriebsleitung zu überbringen, wobei es daran erinnert, dass die Arbeiter dem Prinzip des Streiks in ihrer Abstimmung bereits zugestimmt haben.

Wie es scheint, beeindruckt das den Abteilungsleiter nicht im Geringsten. Nach dem Meeting hatte er mit einem Streik gerechnet. Unter den gegebenen Umständen konnte das in Anbetracht der feindlichen Gesinnung der Gewerkschaftsvertreter gegenüber dem Streik nicht sonderlich schlimm werden. Doch soziale Konflikte sind für einen Chef immer unangenehm. Aber hoppla, alles hatte sich zum Guten gewendet. Es hatte sich nur um die Angeberei einiger junger Bürschchen gehandelt. Die Arbeit war wieder aufgenommen worden. Das war für ihn das Wichtigste.

Das Streikkomitee tritt mehrere Male zusammen, um zu überlegen, wie der Streik unter den günstigsten Bedingungen begonnen werden kann.

Zunächst erkundigt es sich über die Lagerbestände. Von den Lagerarbeitern erfahren sie, dass der Vorrat an Zahnrädern recht gering ist. Nun ist es aber die Abteilung 6, die diese herstellt.

Die Mitglieder des Streikkomitees sind angelernte Arbeiter ohne Erfahrung, die sich im Fabrikbetrieb nicht gut auskennen. Man muss herausfinden, wie der Strom im E-Werk der Abteilung sicher abgestellt werden kann. Doch sie kennen niemanden.

Sind die Leute, die uns informieren werden, auf unserer Seite? "Wenn sie in der Kommunistischen Partei sind, besteht die Chance, dass sie plaudern. Kann man sich auf ihre Aussagen verlassen, sind sie wirklich in der Lage, uns alles richtig zu erklären?"

Die Mitglieder des Streikkomitees können Kurbeln drehen und auf Knöpfe drücken, doch an Kabeln rumfummeln, durch die 5.000 Volt fließen, Dampf- oder Luftdruckventile betätigen, das macht ihnen ein bisschen Angst. Man muss vorsichtig sein. Denn sie wissen, die Stalinisten werden keine Gelegenheit auslassen, den kleinsten Fehler aufzubauschen, um auf "die Unfähigkeit dieser Abenteurer" hinzuweisen.

Als sie wieder beim Abteilungsleiter vorsprechen, hat dieser natürlich keinerlei Antwort von der Unternehmensleitung für sie. Es muss gehandelt werden.

Doch es stellt sich ein doppeltes Problem. An diesem Donnerstag ist Lohntag und außerdem werden die Verwalter gewählt, die die Arbeiter in den Kassen der neu geschaffenen Sozialen Sicherheit vertreten sollen.

Wenn man einen Streik mit den größtmöglichen Chancen auf Erfolg beginnen will, ist es ratsam zu warten, dass die Arbeiter ihren Lohn in der Tasche haben, denn damit sind 14 Tage gesichert.

Außerdem ist es wenig wünschenswert, einen Streik vor der Wahl der Verwalter für die Soziale Sicherheit zu beginnen.

Das Streikkomitee ist sich darüber im Klaren, dass die Führer der CGT und der PCF bei einer solchen Entscheidung die Gelegenheit nicht verpassen werden, zu zeigen, dass das Ziel der "Anarcho-Hitlero-Trotzkisten" - wie sie sie nennen - darin besteht, die Wahlen der Verwalter der Sozialen Sicherheit zu sabotieren, um der CGT zu schaden.

Den folgenden Montag abzuwarten bedeutet wiederum Gefahr zu laufen, dass die Erwärmung für den Streik wieder abkühlt.

Es bleibt also nur der Freitag. Mit einem Beginn des Streiks an einem Freitag läuft man Gefahr, dass die Bewegung vom Wochenende unterbrochen wird. Aber andererseits hat das auch den Vorteil, das Ausmaß der Bewegung im Verlauf des ersten Tages überprüfen zu können, so dass ein Rückzug ohne allzu großes Risiko möglich bleibt.

Am Mittwoch, dem 23. April veranstaltet das Streikkomitee ein Meeting, um über den negativen Ausgang des Anliegens bei der Betriebsleitung zu berichten.

Es folgt der Bericht eines Augenzeugen über diese Versammlung, die in der Zeitschrift Lutte de Classes der Union Communiste (trotskyste) veröffentlicht wurde, der der Verantwortliche des Streikkomitees Pierre Bois angehört:

"Bei meiner Ankunft um 12.30 Uhr, ist der (mindestens 8 Meter breite) Bürgersteig voll mit Arbeitern. Sie stehen dort zu Dutzenden und diskutieren, während weitere Arbeiter aus der Kantine strömen und sich zu ihnen gesellen. Alle Gespräche drehen sich um dieselbe Frage: Was wird geschehen? Und das Wort Streik macht die Runde.

Ein Flugblatt, das am Morgen von Hand zu Hand gegangen ist, informiert uns, dass das bei der vorangegangenen Generalversammlung mit 350 gegen 8 Stimmen gewählte Streikkomitee uns zusammenruft, um uns über die Schritte, die es bei der Betriebsleitung eingeleitet hat, zu informieren.

Eine angegebene Uhrzeit muss eingehalten werden und Schlag 12.30 Uhr beginnt ein Genosse, der bereits auf dem Fenstersims steht, zu sprechen.

In der ersten Reihe dieser Zuhörerschaft stehen fast alle Arbeiter der Tagschicht aus den zwei Abteilungen. Es sind so um die 700 Kollegen. Man wechselt viel sagende Blicke; die Gesichter sind eher fröhlich, obwohl die Gemüter angespannt sind.

Der Genosse erklärt kurz und in klaren Worten den Misserfolg der Delegation, mit der man im Übrigen gerechnet hatte. Und er erklärt den aufmerksam zuhörenden Arbeitern, warum die Waffe des Streiks das einzige Mittel ist, das bleibt, um die Forderungen durchzusetzen.

Inmitten der zustimmenden Rufe, die von überall her ertönen, erklärt er, dass der kommende Streik ein sehr ernster Kampf sein wird, den es gilt, entschlossen bis zum Ende zu führen.

"Wir werden nicht mehr Akkordeon spielend und Däumchen drehend dastehen können und warten, bis was kommt. Es gilt, uns zu organisieren, um die Bewegung in allen Fabriken bekannt zu machen. Wir werden Streikposten aufstellen und gegebenenfalls die Werktore verteidigen müssen."

Einwände bezüglich der Einkommensverluste durch den Streik und des jederzeit möglichen Einschreitens der Polizei vorwegnehmend, weist er darauf hin, dass die Zahlung der Streiktage mit zu den Forderungen gehören wird.

"Was das ,Tränengas' der Polizei betrifft, so haben wir über sechs Jahre Bomben auf den Kopf gekriegt, ohne aufzumucken. Als es galt, die Geldschränke der Bourgeoisie zu schützen, mussten wir uns den Gürtel stets enger schnallen. Und heute sollen wir nicht die Kraft und den Mut haben, einen Bruchteil davon für unsere eigenen Interessen zu ertragen?"

Die Arbeiter unterstreichen seine Worte mit lauten, zustimmenden Rufen.

Als der Genosse zur Abstimmung übergeht, bittet er die Arbeiter, sich zu äußern, ob sie mit dem Streik als kurzfristig in Betracht zu ziehendes Mittel einverstanden sind. Nur wenige Stimmen sind "dagegen", die Arbeiter stimmen "dafür".

Der Genosse fordert die Streikgegner auf, ihre Meinung zu äußern. In diesem Moment tritt der Vertreter der CGT vor, der von seinen "Kumpeln", die ihm den Weg freimachen, förmlich nach vorne geschoben wird, um seine Meinung kundzutun.

Es herrscht eine relative Stille, da die Arbeiter neugierig sind, was wohl seine Einwände sein können. Trotzdem kommt er nicht umhin, sich die Bemerkung eines Arbeiters anhören zu müssen: "Siehst du, hier gibt es wenigstens Demokratie".

Der Gewerkschafter klettert auf den Fenstersims und da er nicht so recht weiß, was er sagen soll, spricht er mit leiser Stimme, als er es unternimmt, den Arbeitern die "tatsächliche Situation was die Löhne betrifft" zu erläutern. Zu seinem Unglück fängt er an, von einer Abordnung zu erzählen, die losgezogen war, um Lefaucheux zu sprechen (mit der Aufforderung, die Löhne der Arbeiter bei Renault rückwirkend denen der Arbeiter von Citroen anzugleichen), den sie jedoch, wie er hinzufügt, nicht angetroffen hat.

Offensichtlich haben die Arbeiter genug von Abordnungen und kaum hat der Gewerkschaftsvertreter seinen letzten Satz beendet, wird er schon von mehr oder weniger deutlichen Ausrufen übertönt:

"Von Abordnungen haben wir genug!" "Wie lange wollt ihr uns denn noch verschaukeln?" "Wir wollen deine Abordnungen nicht mehr, jetzt muss gehandelt werden." Ich selbst füge hinzu: "Gleiche Löhne wie bei Citroen, aber die nagen doch auch am Hungertuch!"

Der Gewerkschaftsvertreter kürzt seine Ausführungen ab und ruft "zur Ruhe" auf. Seine Warnung "vor den Demagogen" erntet nicht weniger Buhrufe als die "Abordnungen".

Danach muss er vom Fenstersims runter um seinen Platz einem ungefähr dreißigjährigen Arbeiter zu überlassen, der auf den Fenstersims klettert und in wenigen Worten erläutert, was er von Gewerkschaftsvertretern und Abordnungen hält:

"Genossen, schon seit Monaten verspricht man uns Lohnerhöhungen, die demnächst erfolgen sollen. Man hat uns das schon im Februar aufgetischt und damals wurde uns gesagt, dass die Verhandlungen nicht abgeschlossen werden konnten, weil Lefaucheux abwesend war. Das hat sich gestern wiederholt und erneut war er nicht da. Und die Delegierten sind wieder abgezogen, wie vorher schon. Das kann so nicht mehr weiter gehen. Wie lange wollen wir uns noch verschaukeln lassen? Wir brauchen kein Geschwätz mehr, wir wollen Taten."

Der Genosse, der zuerst gesprochen hatte, ergänzt, was der Arbeiter soeben gesagt hat und erinnert an den Existenzmindestlohn, den die CGT im November auf die Tagesordnung gesetzt hatte und der auch rückwirkend gelten sollte.

"Aber die CGT, sagt er, hat kapituliert und man hat nichts mehr gehört, weder vom Existenzmindestlohn noch von seiner rückwirkenden Anwendung. Wie sollen wir jetzt den Leuten glauben, die so kapituliert haben? Welche Beweise haben wir, dass sie morgen nicht gleichermaßen kapitulieren, mit ihren Abordnungen?"

Nachdem dieser Zwischenfall auf gute Weise beendet ist, fordert der Genosse zum Abschluss der Versammlung die Arbeiter auf, ihr Vertrauen in das Streikkomitee mit einer zweiten Abstimmung Ausdruck zu geben, um ihm Mandat zu erteilen, den Streik zum günstigsten Zeitpunkt zu beginnen.

Wie bei der vorangegangenen Versammlung spricht die große Mehrheit dem Streikkomitee ihr Vertrauen aus. Die Gegenseite reduziert sich auf 8 Stimmen. Während die Mehrheit abstimmt, schreit ein Arbeiter, der neben dem Gewerkschaftsvertreter steht, diesem ins Ohr: "Mach die Augen auf und seh dich das an!"

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Die Arbeiter haben erneut für die Forderung nach 10 Francs auf den Grundlohn gestimmt; sie haben erneut für Streik gestimmt und in größerer Zahl, da an diesem Tag auch die "Schichten" ihren Arbeitsplatz verlassen haben, um an der Versammlung teilzunehmen. Die Zahl der Versammlungsteilnehmer hat sich seit dem 17. April verdoppelt. Erneut haben die Arbeiter ihr Streikkomitee gewählt, das um einige Mitglieder gewachsen ist.

Darüber hinaus haben sie befunden, dass es die Schuld der Unternehmensleitung ist, wenn es Streik gibt und fordern die Bezahlung der Streiktage.

Bois schließt die Versammlung erneut mit der Aufforderung an die Arbeiter, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren und die Entscheidungen des Streikkomitees abzuwarten. Er erinnert sie daran, dass der Streik hiermit beschlossene Sache ist und dass er zu dem Zeitpunkt beginnen soll, der dem Streikkomitee am günstigsten erscheint.

Einige Arbeiter beginnen, ungeduldig oder ironisch zu werden. "Die sind wie die anderen. Die wollen auch nichts tun", oder: "Die haben es sich anders überlegt". Die Mitglieder der PCF und der CGT lachen sich ins Fäustchen. Sie sind überzeugt, es mit grünen Bengeln zu tun zu haben.

Es ist Mittwoch und die Mitglieder des Streikkomitees wissen, dass noch die Lohnauszahlung abgewartet werden muss und die Wahl der Verwalter der Sozialkassen, also bis Freitag.

Es stört sie nicht besonders, von gewissen Leuten nicht ernst genommen zu werden, denn sie wollen auch den Überraschungseffekt auf ihre Seite bringen. Innerlich sind sie ziemlich zufrieden mit der Lektion, die sie - so hoffen sie zumindest - denen erteilen werden, die der Meinung sind, sie hätten es mit Witzfigürchen zu tun.

Am Mittwoch, dem Tag, an dem das Meeting stattgefunden hat, trifft sich das Streikkomitee am Abend nach der Arbeit, denn sie sind nur angelernte Arbeiter und keiner von ihnen hat ein offizielles Gewerkschaftsmandat. Sie treffen sich in einem Kellerraum.

In dem Saal darüber trifft sich eine Zelle der PCF, was eines der Mitglieder des Streikkomitees zu der Bemerkung veranlasst: "Wenn die wüssten, was wir hier tun, würden sie wieder sagen, wir machten ,Untergrundarbeit'."

Pierre Bois erinnert die Komitee-Mitglieder daran, warum der Freitag für den Beginn des Streiks gewählt wurde und nimmt allen Mitgliedern des Streikkomitees das Versprechen ab, unsere Absichten streng geheim zu halten. Jeder Bruch der Verschwiegenheit wird als Verrat angesehen und auch so behandelt werden.

Doch die Mitglieder des Streikkomitees sind sich der Bedeutung ihrer Rolle und ihrer Verantwortung ausreichend bewusst, um keine unbedachten Äußerungen abzugeben.

Das Streikkomitee beschließt also, dass der Streik am Freitagmorgen beginnen soll. Das Streikkomitee besteht aus 11 Mitgliedern. Es müssen ab 6 Uhr morgens an allen Toren Streikposten aufgestellt werden, und auch an den strategisch wichtigen Stellen des Betriebs: E-Werk, Trafo, usw.

Für die Streikposten werden etwa 100 Arbeiter benötigt. Aber außerdem muss das Geheimnis der Operation gewahrt werden, um den Überraschungseffekt ausnutzen zu können. Das ist möglich mit 11 Leuten, die sich darüber hinaus verantwortlich fühlen, weil sie von ihren Genossen gewählt wurden. Mit fünfzig Leuten geht man unbestreitbar ein Risiko ein.

Das Streikkomitee beschließt daher folgendes: Streikbeginn ist Freitag, der 25. April. Doch nur die Mitglieder des Streikkomitees sind informiert und sie dürfen unter keinen Umständen wen auch immer darüber informieren.

Jedes Komitee-Mitglied muss 5 Arbeiter gewinnen, die am Freitagmorgen um 6 Uhr zur Stelle sein sollen und denen erklärt wird, dass es sich um eine Übung zur Vorbereitung des Streiks handelt. Aber auch von diesen Genossen, die grundsätzlich für eine Übung kommen, wird verlangt, Stillschweigen zu wahren.

Der Donnerstag, 24. April verläuft ohne Zwischenfälle. Die Arbeiter bekommen ihren Lohn ausgezahlt und es werden die Verwalter der Sozialkassen gewählt. Vom Streik wird natürlich noch gesprochen, aber man wagt nicht mehr so recht, daran zu glauben.

Der Streik beginnt

Am Freitag, dem 25. April finden die ersten Arbeiter, die gegen 6.15 Uhr ankommen, einen Streikposten am Tor vor, der ein sehr kurzes Flugblatt verteilt. Es handelt sich nicht um ein gewöhnliches Flugblatt. Es ist ein Aufruf des Streikkomitees. Im Namen der Arbeiter, die das Komitee beauftragt haben, wird folgender Aufruf erlassen:

STREIKAUFRUF

Das Streikkomitee bestehend aus den Genossen:

Quatrain,Bois (Halle 31)

Merlin, Lévêque, Vayer (Lager)

Shartmann, Lopez (Halle 30)

Alvarez (Halle 101)

Faynsilberg (Halle 317)

Delaunoy, Gadion (Halle 236)

das auf der Generalversammlung vom 23. April 1947 demokratisch von der Mehrheit der Arbeiter gewählt und beauftragt wurde, den Kampf für die 10 Francs zu führen, ruft die Arbeiter der Abteilungen 6 und 18 für FREITAG, den 25. APRIL, ab 6.30 Uhr morgens zum Streik auf.

Die gestellten Forderungen lauten:

1) 10 Francs Lohnerhöhung pro Stunde auf den Grundlohn.

2) Bezahlung der Streikstunden.

Das Streikkomitee warnt die Arbeiter vor bestimmten Miesmachern, die schon im Voraus behaupten, dass wir den Kampf verlieren werden. Diese Leute haben eine solche Angst vor UNSEREM SIEG, dass sie bereits Polizei- und Spitzelmanöver versucht haben, um die Autorität der Komitee-Mitglieder zu untergraben.

Das Streikkomitee fordert die streikenden Arbeiter auf, sich strikt an die Weisungen zu halten, die sie erhalten werden.

In dem Kampf, den wir beginnen, wird jeder Arbeiter eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen haben. Wir müssen diszipliniert und entschlossen sein. Wir müssen fähig sein, das, was jeder von uns JEDEN Tag für die Bosse tut, für uns selbst zu tun.

Das ist der Preis für den Sieg.

ALLE VEREINT IM KAMPF

UND WIR WERDEN UNSERE BERECHTIGTEN FORDERUNGEN DURCHSETZEN.

den 25.4.1947

Das Streikkomitee

Die Arbeiter kommen an, lesen den Streikaufruf. Die meisten ziehen sich nicht um und warten auf die Ankunft der Arbeiter der Normalschicht um 7.15 Uhr und die Versammlung, das um 8 Uhr stattfinden soll. Einige sind skeptisch, sie haben Schwierigkeiten, mit ihren Gewohnheiten zu brechen. Sie gehen in die Umkleideräume, ziehen ihre Blaumänner an und gehen langsam zu ihren Maschinen.

Ende April um 6.30 Uhr ist es noch nicht sehr hell. Sie drücken den Lichtschalter. Was ist das? Kein Licht ! Sie drücken auf die Startknöpfe ihrer Maschinen. Nichts. Diesmal scheint es wirklich Streik zu geben.

Diejenigen, die von Anfang an an den Streik geglaubt und sich nicht umgezogen haben, sehen ihnen zu. Sie lächeln spöttisch.

"Hast du das Flugblatt nicht gelesen, weißt du nicht, dass gestreikt wird. Du ziehst dich besser wieder an, der Strom wird so schnell nicht wiederkommen. Schau dich ein wenig um!"

Und tatsächlich, am hinteren Ende der Halle, dort wo sich der Trafo befindet und wo man lesen kann "Gefahr - 5.000 Volt -Strom", sind die Sicherheitsgitter entfernt, der Hebel ist runtergedrückt, der Strom abgeschaltet und ein Streikposten aus einem Dutzend Streikender steht Wache.

Ein Chef, der gerade ankommt, traut seinen Augen nicht. Er kommt auf den Streikposten zu: "Ihr habt den Strom abgestellt. Der muss sofort wieder eingeschaltet werden, es gibt Sicherheitsgeräte, die nicht ohne Strom funktionieren. Wollt ihr, dass alles in die Luft geht."

Ein Mitglied des Streikpostens erwidert ungerührt:

"Mach dir nichts draus Alter, wir haben unsere Vorkehrungen getroffen und wenn du Schiss hast, brauchst du nur wieder nach Hause ins Bett zu kriechen, zu deiner Alten."

Am Tor verteilen die Streikposten den Streikaufruf an alle ankommenden Arbeiter. Die meisten begeben sich zum Platz auf dem Werksgelände, wo das Meeting stattfinden soll. Ein paar Arbeiter, zu glücklich dass "es klappt", kehren um in Richtung Wirtshaus vor dem Werkstor.

Um 8 Uhr beginnt das Meeting in der Halle. Pierre Bois erinnert an die Gründe für diesen Streik. Er erklärt den Streikenden die Gründe, die das Streikkomitee dazu bewogen haben, den Streik diesen Freitag zu beginnen.

"Der Kampf hat begonnen. Er wird zu Ende geführt werden"

Er fordert die Arbeiter ein letztes Mal auf, ihre Wahl und ihr Engagement zu bestätigen.

"Wenn wir Waschlappen sind, ist jetzt noch Zeit umzukehren. Ansonsten heißt es Vorwärts!"

Bei dieser letzten Abstimmung fordert P. Bois die Arbeiter der Abteilung, die für den Streik sind, auf, sich auf seine linke Seite zu stellen. Die große Masse der Arbeiter stellt sich nach links. Die dagegen sind, nach rechts. Die Gewerkschaftsvertreter und ein paar Mitglieder der PCF bleiben allein auf der rechten Seite. Die Enthaltungen gehen nach hinten. Alle Weißkittel und einige Graukittel begeben sich nach hinten. Die Mehrheit ist für den Streik. Damit wird der Streik Wirklichkeit.

Der Sekretär der Gewerkschaft, Plaisance, der gekommen ist, um dem Meeting beizuwohnen, bittet um das Wort. Er befürwortet diesen Streik nicht aber als verantwortliches Mitglied der CGT hat er der Abstimmung beigewohnt (Heiterkeit seitens der Versammelten) und beugt sich den Entscheidungen der Arbeiter. Diese ernennen eine Abordnung.

Plaisance und einige Gewerkschaftsvertreter treten ihr bei.

Die Arbeiter des Sektors Collas, die zu der Abordnung gehören, sind baff, wie ungezwungen die "verantwortlichen" Gewerkschafter sich in den Büros bewegen, den Bossen zulächeln und ihnen die Hände schütteln. Man kann durchaus sagen, dass sie zur Familie gehören.

Aber trotz ihrer Ortskenntnis und ihren Beziehungen ist, als die Delegation vor dem Büro des Generaldirektors Lefaucheux ankommt, dort keiner, um sie zu empfangen. Herr Lefaucheux ist angeblich in Kamerun.

Wir werden vom Personaldirektor und ein paar anderen "Bossen" empfangen, die ohne Herrn Lefaucheux nichts machen können. Das Treffen ist schnell beendet.

Pierre Bois sagt zum Personaldirektor, Herrn Le Garrec, der die Mitglieder der Delegation auffordert, bis zur Rückkehr des Generaldirektors die Arbeit wieder aufzunehmen:

"Wir stellen fest, dass Sie nur über beschränkte Befugnisse verfügen. Sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt. Wenn Herr Lefaucheux will, dass seine Fabrik wieder läuft, soll er sich beeilen, uns unsere 10 Francs auf den Grundbetrag zu geben."

Das Streikkomitee richtet sich in den Abteilungen 6 und 18 ein. Es nimmt ein Büro in Besitz. Es erhält Informationen, erteilt Anweisungen. Einige ausgelassene Arbeiter halten etwas zu lange Sitzungen in der Kneipe. Das Streikkomitee beschließt, dass die Arbeiter das Betriebsgelände nur mit einem Passierschein verlassen dürfen, der vom Streikkomitee abgezeichnet sein muss. Den Streikposten werden Anweisungen erteilt, die von diesen peinlich genau befolgt werden.

Das Komitee sieht die Sache recht locker. Passierscheine werden ohne Schwierigkeiten ausgestellt, außer an diejenigen, die schon zu lallen beginnen. Diese sind nicht sehr zahlreich und die große Mehrheit der Arbeiter stimmt dieser Maßnahme zu. Sie sind stolz auf ihren Streik und wollen nicht, dass er von den Ausschweifungen einiger weniger, die sich nicht unter Kontrolle haben, beschmutzt wird. Im Übrigen geht alles sehr gut und reibungslos vonstatten.

Parallel dazu haben sich, dem Aufruf des Streikkomitees folgend, Gruppen von Arbeitern gebildet, die in die Werkshallen ausschwärmen, um die Arbeiter dazu aufzurufen, in den Streik zu treten.

Ganze Werkshallen legen die Arbeit nieder, doch die Gewerkschaftsvertreter und Aktivisten der CGT stellen die Maschinen wieder an und reden auf die Arbeiter ein, sich nicht in den Streik hineinziehen zu lassen.

Es folgt ein ziemlich großes Durcheinander. In den einzelnen Werkshallen legen die Arbeiter die Arbeit nieder, nehmen sie wieder auf, legen sie wieder nieder. Nur in den Abteilungen 6 und 18 ist der Streik total: Die Werkshallen sind geschlossen, die Lastwagen, die durch diesen Sektor müssen, um von einer Werkshalle zur anderen zu gelangen, werden gestoppt.

Nur in Halle 5 (Härtung-Zementierung), wo vor einem Monat die Arbeiter im Alleingang die Arbeit niedergelegt hatten, und wo ein sehr aktiver Stalinist das Sagen hat, wird stur weiter gearbeitet.

Die Streikenden der Abteilungen 6 und 18 lassen sie weiter arbeiten. Die Eingänge sind umstellt. Wenn ihnen die Teile ausgehen, werden sie sich dem Streik schon anschließen oder aufhören.

Die Frauen dieser Halle, die eine wirklich schreckliche Arbeit zu verrichten haben, sympathisieren bereits mit den Streikenden.

Einmal kommt der Personaldirektor in die Abteilung, um den Verantwortlichen des Streikkomitees aufzufordern, die Lastwagen durchzulassen. Als ihm dies verweigert wird, droht er:

"Ihr geht ein großes Risiko ein. Ihr verstoßt gegen die Freiheit der Arbeit".

"Entschuldigung, Sie verstoßen gegen das Streikrecht, aber wenn Sie die Arbeiter selbst dazu auffordern möchten, ihren Streik zu sabotieren, bitte, Sie haben das Wort."

"Ja, wenn man es so hinstellt, sind Sie natürlich fein heraus."

Und der Herr verlässt den Ort.

Mittags, auf dem Nationalplatz hält Plaisance, der Sekretär der Gewerkschaft CGT, den Arbeitern eine Rede:

"Heute Morgen hat eine Bande von anarchistischen Hitlero-Trotzkisten versucht, die Fabrik zu sprengen."

Entrüstung seitens derer, die Bescheid wissen. Erstaunen bei denen, die nicht Bescheid wissen.

Dieser erste Streikfreitag endet mit zwei Besuchen.

Plaisance, der Sekretär der CGT, der noch am Morgen den Arbeitern von Collas gesagt hatte, dass er, wenn er die Bewegung auch nicht gutheiße, sich dem Beschluss der Arbeiter anschließe, wird für sein Verhalten am Mittag, wo er behauptet hatte, dass eine Bande "verrückter anarchistischer Hitlero-Trotzkisten" die Fabrik habe sprengen wollen, stark kritisiert.

Er wird von den Arbeitern heftig angegriffen und versucht, sich damit zu rechtfertigen, dass "man es 1936 so nannte, wenn eine Fabrik bestreikt werden sollte".

"- Also wirklich, Leute, erinnert ihr euch denn nicht mehr?!"

Ach, der alte scheinheilige Fuchs ! Er muss die Werkshalle unter heftigen Buhrufen der Arbeiter und vor allem der Arbeiterinnen verlassen.

Außerdem kommt der Personaldirektor, Herr Le Garrec nachsehen was los ist und um zu versuchen, die Arbeiter zu beeinflussen.

Man muss dazusagen, dass Herr Le Garrec bei Kriegsende der PCF beigetreten war, wahrscheinlich, um seine Autorität gegenüber der Belegschaft in dieser schwierigen Zeit zu erhöhen, womit er dem Beispiel des Generaldirektors Lefaucheux folgte, der außerdem Präsident der Gesellschaft für französisch-sowjetische Freundschaft geworden war.

Ein spanischer Arbeiter, der 1934 am Aufstand in Asturien teilgenommen und in Barcelona den Spanienkrieg mitgemacht hatte und der Mitglied des Streikkomitees ist, wirft ihm an den Kopf:

"Herr Direktor, gestern gaben sie die Befehle in der ,Fabrica', morgen vielleicht die Polizei, aber heute sind es die Arbeiter. Sie haben hier nichts zu suchen."

Verdutzt antwortet der Personaldirektor:

"Ich diskutiere nicht mit Ausländern."

Was ihm diese Antwort einbringt: "Herr Direktor, es gibt hier einen Ausländer, und das sind Sie." Hier gibt es nur Arbeiter und der Bourgeois, der hier auftaucht, der Ausländer sind Sie, denn sie gehören nicht zu derselben Klasse. Für Arbeiter gibt es kein Vaterland, nur Klassen. So, und jetzt raus hier! Verschwinden Sie!"

Eine kleine Nachhilfestunde in Internationalismus für den "kommunistischen" Direktor.

Der Streik entwickelt sich

Am Samstag und Sonntag sind Streikposten in den bestreikten Werkshallen aufgestellt, aber alles bleibt ruhig. Montag werden wir erfahren, wie die Entscheidung ausfällt. Das Streikkomitee bereitet sich darauf vor:

Am Montagmorgen wird ein Flugblatt verteilt, in dem das Streikkomitee die gesamte Belegschaft auffordert, sich den Kollegen aus dem Sektor Collas, die sich bereits im Streik befinden, anzuschließen. Es ruft zu einem Meeting um 12.30 Uhr, am Nationalplatz auf.

Gruppen von Streikenden kommen an die Werkstore, um dort das Flugblatt des Streikkomitees zu verteilen. An vielen Orten werden sie von Aktivisten der PCF angegriffen. Das macht sie wütend.

"Was denn, nicht genug, dass die gegen den Streik sind, die verprügeln uns sogar!"

Den ganzen Vormittag über bereiten die Streikenden des Sektors Collas das Meeting vor, das um 12.30 Uhr stattfinden soll. Sie müssen damit rechnen, dass die PCF und die CGT zahlreich erscheinen werden, um mit Lautsprecherwagen das Meeting zu sabotieren. Sie basteln Sprachrohre aus Pappe und Blech.

Das Streikkomitee beschließt, dass, wenn die PCF und die CGT mit Lautsprecherwagen kommen sollten, die die Stimmen ihrer Redner übertönen, das Meeting drinnen abgehalten werden soll.

Ab 11 Uhr strömen die Streikenden von Collas in die Werkshallen aus, um zum Meeting aufzurufen (mit Ausnahme der Streikposten, die auf ihrem Posten bleiben). Wie am Freitag führt das dazu, dass an vielen Stellen die Arbeit niedergelegt, dann wieder aufgenommen und wieder niedergelegt wird.

Um 12.30 Uhr kommen die Gruppen zum Nationalplatz, der schon schwarz von Menschen ist. Auf der Straße, vier Lautsprecherwagen. Zwei von den Gewerkschaften, einer von "L'Humanité" und ein vierter, der sehr viel stärker ist.

P. Bois, der den Zug anführt, spricht mit den Gruppen, die von ihrer Tour durch die Werkshallen zurückkommen.

"Es ist soweit. Sie haben die schweren Geschütze aufgefahren. Wir werden das Meeting im Werk abhalten müssen."

Plötzlich kommt ein Genosse auf uns zu:

"Hey, was ist los, warum bleibt ihr stehen?"

-"Siehst du nicht, wir werden drinnen bleiben müssen. Mit ihren ganzen Radios wird uns hier draußen keiner verstehen."

-"Quatsch, kommt jetzt, der größte von allen ist unserer. Die Jungsozialisten halten gerade ihren Parteitag. Heute Morgen haben sie uns einen Besuch abgestattet. Wir haben sie gefragt, ob sie nicht wissen, wo wir einen Lautsprecherwagen finden könnten. Sie haben uns ihren angeboten, und für lau! Kommt raus, die Kommunisten sind schon ganz krank davon."

Und tatsächlich, wir können unser Meeting abhalten. Unser Lautsprecher ist stärker als die drei anderen zusammen.

Sobald das Meeting beendet ist, bewegen wir uns auf die Fabrik O zu, die etwa 1 km entfernt liegt. Bei unserer Ankunft treten die Arbeiter in den Ausstand.

Bei unserer Rückkehr im Sektor Collas finden wir das Streikkomitee von Dutzenden von Delegationen belagert vor. Einige kommen in ihrem eigenen Namen, andere im Namen der Kollegen aus ihrer Werkshalle, wieder andere wurden von einer ganzen Abteilung gewählt. Am Abend streiken mehr als 10.000 Arbeiter.

Die CGT springt auf den fahrenden Zug auf

Am nächsten Morgen, dem 29. April, streiken schon am Morgen 12.000 Arbeiter. Die CGT versucht ein Manöver. Sie organisiert eine Arbeitsniederlegung von 11 bis 12 Uhr, um die Forderungen zu unterstützen. Keiner fällt auf den Trick rein. Diejenigen, die noch nicht streiken, legen die Arbeit um 11 Uhr nieder, aber sie nehmen sie nicht wieder auf. Von jetzt an ist der gesamte Betrieb im Streik.

Am Nachmittag demonstrieren mehr als 2.000 Arbeiter des Sektors Collas vor den Räumen der Betriebsleitung. Lefaucheux ist nicht da, er ist im Ministerium. Als er am Abend zurückkommt, ist die Zahl der Demonstranten stark geschrumpft und er lehnt es ab, das Streikkomitee zu empfangen. Er versucht sogar, den Harten zu spielen:

"In der Résistance nannte man mich den Kommandant Gildas", womit er zeigen will, dass er sich nicht umstimmen lässt.

Am nächsten Tag, am Mittwoch, dem 30. April, erlässt das zentrale Streikkomitee, welches sich um das Streikkomitee des Sektors Collas gebildet hat, die Aufforderung zum Generalstreik an die gesamte Belegschaft.

Eigentlich ist der Streik schon seit dem Vortag im Gange, doch möchte das zentrale Streikkomitee mit diesem Aufruf im Namen der zahlreichen Delegationen, die das zentrale Streikkomitee mit 105 Mitgliedern bilden, die Verantwortung für die Bewegung übernehmen.

In einem verleumderischen Flugblatt kündigt die CGT für den Abend eine Versammlung auf dem Henri Barbusse-Park an. Dann beschließt sie schließlich, ihr Meeting auf der "Insel" abzuhalten, mit dem Ziel, die Kontrolle über die Bewegung zurückzuerlangen.

Währenddessen tagt das zentrale Streikkomitee. Doch plötzlich kommt die Information, dass Kommandogruppen der CGT dabei sind, die Streikposten "wegzufegen". Das zentrale Streikkomitee unterbricht seine Sitzung und begibt sich auf die "Insel", wo es ohne Erfolg versucht, auf dem Meeting der CGT das Wort zu ergreifen.

Auf dem Rückweg drohen einige aufgeregte CGT-Aktivisten, die Mitglieder des Streikkomitees zu liquidieren und sie in die Seine zu werfen. Einige Arbeiter kommen dazwischen und schließlich kehrt wieder Ruhe ein.

Am Abend organisieren sich die Stalinisten, um die Streikenden des Collas-Sektors, die ihre Abteilung besetzt halten, raus zu werfen.

Der Widerstand wird organisiert: Kisten mit Bolzen und Zahnrädern, Druckluft zum Versprühen von Säure, usw. Als die Aktivisten der CGT erfahren, dass die Streikenden von Collas bereit sind, zurückzuschlagen, geben sie ihren Plan auf.

Am Donnerstag, dem 1. Mai findet der Aufmarsch der CGT zwischen dem Platz der Republik und dem Platz der Eintracht statt. Das Streikkomitee druckt 100.000 Flugblätter, die entlang des Aufmarschs verteilt werden.

Dieses Flugblatt, das zum Generalstreik aufruft, wurde in der Réaumur-Druckerei gedruckt. Die Arbeiter dieses Betriebs verzichten auf ihren Lohn für den Druck dieses Flugblatts als Zeichen ihrer Solidarität.

Entlang des 1.Mai-Zugs kommt es zu zahlreichen, manchmal gewalttätigen Handgreiflichkeiten zwischen den Ordnern der CGT und den Streikenden, zu denen sich auch Mitglieder der Jungsozialisten gesellt haben.

Am 2. Mai sendet das Streikkomitee zahlreiche Delegationen vor die Tore der Betriebe, um die Arbeiter zum Kampf aufzurufen.

Überall stoßen sie auf die Sympathie der Arbeiter, die an vielen Stellen ebenfalls in den Ausstand treten. Aber in den meisten Fällen provozieren die Handlanger der kommunistischen Partei Raufereien und die Arbeit wird wieder aufgenommen. So geschieht es bei Citroen am Balard-Platz und bei SNECMA in der Kellermannstrasse.

Bei Renault verstärkt die CGT ihre Verleumdungskampagne. Sie organisiert ein Referendum für oder gegen die Weiterführung des Streiks, wobei sie die Arbeiter warnt, dass die Lösung des Konflikts von einer Entscheidung der Regierung abhängt.

21.286 Arbeiter nehmen an der Abstimmung teil:

11.354 stimmen für die Weiterführung des Streiks.

8.015 stimmen dafür, die Arbeit wieder aufzunehmen.

1.009 stimmen ungültig.

538 enthalten sich.

Die CGT fügt sich dieser Entscheidung der Arbeiter. Aber sie führt ihre Verleumdungskampagne weiter.

Über Angestellte aus den Büros wird das Streikkomitee informiert, dass "hoch stehende" Leute ihm ein Treffen mit dem Arbeitsminister Daniel Mayer verschaffen könnten.

Da das Streikkomitee keine Möglichkeit einer Beilegung des Konflikts außer Acht lassen möchte, begibt sich eine Delegation des Streikkomitees zu einem gewissen Herrn Gallienne.

Den Delegierten wird sehr schnell klar, dass sie bei einem ehemaligen Handlanger von Louis Renault gelandet sind, der versuchen will, das Streikkomitee für eine Operation gegen die Nationalisierung zu manipulieren. Sie brechen die Diskussion kurzerhand ab.

Am 8. Mai erhält das Streikkomitee ein Treffen mit dem MRP-Abgeordneten Beugniez, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit der Nationalversammlung.

Dieser Herr möchte vor allem wissen, ob sich dieser Konflikt nicht zum Vorteil der Gewerkschaft CFTC gegen die CGT ausspielen ließe.

Wir sagen ihm unsere Meinung und er ist ganz enttäuscht, als er unsere Entschlossenheit feststellen muss.

Wiederaufnahme der Arbeit, Collas macht alleine weiter

Am Freitag, dem 9. Mai gibt die CGT ein Flugblatt heraus, in dem sie ankündigt, dass die Betriebsleitung ein Zugeständnis von 3 Francs die Stunde auf die Produktionsprämie gemacht hat. Auf dieser Grundlage ruft sie die Arbeiter auf, die Arbeit wieder aufzunehmen.

Mit 12.075 Stimmen gegen 6.866 beschließt die Belegschaft, die Arbeit wieder aufzunehmen.

Doch im Sektor Collas, wo der Streik begonnen wurde, ist die große Mehrheit dafür, den Kampf weiterzuführen.

Am Montag, dem 12. Mai soll die Arbeit also wieder aufgenommen werden. Doch das Streikkomitee ist der Meinung, dass, wenn der Streik aufhören soll, dies ordnungsgemäß geschehen soll, wie auch der Beginn des Konflikts.

Es ruft daher die Arbeiter zu einer Versammlung auf, die um 8 Uhr morgens stattfinden soll. Doch die Arbeiter sind keineswegs bereit, zu kapitulieren.

Der Verantwortliche des Streikkomitees, P. Bois, erklärt:

"Wir haben die Betriebsleitung nicht zur Erfüllung unserer Hauptforderung von 10 Francs auf den Grundbetrag bringen können, obwohl der ganze Betrieb gestreikt hat. Es wäre utopisch auf einen Sieg zu hoffen, wenn wir den Kampf in einem einzigen Sektor fortsetzen würden.

Trotzdem können wir eine Niederlage nicht hinnehmen."

Er schlägt vor, den Kampf fortzusetzen, bis die Bezahlung der Streikstunden durchgesetzt ist.

Der Arbeitsinspektor kommt und versucht die Streikenden zu demoralisieren, indem er ihnen das wohlbekannte Lied von der Behinderung der Arbeitsfreiheit singt. Es nützt alles nichts. Eine sehr überwiegende Mehrheit der Arbeiter stimmt für den Vorschlag des Verantwortlichen des Streikkomitees.

Die Solidarität wird organisiert. Allein am Montag der Arbeitswiederaufnahme werden von den anderen Werksektoren, die die Arbeit wieder aufgenommen haben, 50.000 Francs eingesammelt, womit sie beweisen, dass sie den Streikenden des Sektors Collas keineswegs feindlich gesinnt sind.

Die CGT verstärkt ihre Verunglimpfungs- und Verleumdungskampagne, beschuldigt die Streikenden der Spaltung, nennt sie "durchgedreht" und eine Bande von "Wahnsinnigen" und verlangt, dass der Arbeitsminister Daniel Mayer Maßnahmen ergreift, damit die Fabrik wieder in Gang kommt.

Aber der Sektor Collas kommt nicht in Gang, er legt den restlichen Betrieb lahm und die Betriebsleitung macht sich Sorgen. Sie lässt dem Streikkomitee mitteilen, dass sie bereit ist, eine Abordnung des Streikkomitees zu empfangen, verlangt jedoch, dass sie "von ordnungsgemäß gewählten Vertretern begleitet" wird. Das Streikkomitee akzeptiert.

Natürlich will die Betriebsleitung ihr Gesicht wahren, indem sie das Streikkomitee auf inoffizielle Weise empfängt. Aber jeder versteht diesen juristischen Trick und keiner hält es für ein Zugeständnis, sich von Gewerkschaftsvertretern begleiten zu lassen, die der Bewegung von Anfang an feindlich gegenüber standen.

Diese genieren sich übrigens auch keineswegs, sich mit den " Hitlero-Trotzkisten" des Streikkomitees zu kompromittieren, so glücklich sind sie, dass ihnen ihr Boss die Ehre macht, sie als gute Diener zu bitten, der "Bande Wahnsinniger" die Tür zu öffnen.

Der Generaldirektor beginnt eine Rede, in der er das Streikkomitee vor den Gefahren einer Weiterverfolgung des Konflikts warnt: Gefahr für das Unternehmen, Gefahr für die Nationalisierung, Gefahr für die Arbeiter.

Pierre Bois erklärt ihm, dass, so wie die Dinge stehen, er all diese Gefahren sehr einfach aus dem Wege räumen kann, indem er der Zahlung der Streikzeit zustimmt.

Daraufhin versucht es Pierre Lefaucheux auf die sentimentale Art:

"Ich weiß, Herr Bois, dass, wenn Sie ihre Kollegen auffordern, die Arbeit wieder aufzunehmen, sie es tun werden, und darum bitte ich Sie."

Bei diesen Worten geht Pierre Bois an die Decke:

- "Sie wollen, dass ich meine Genossen verrate. Wir brauchen dieses Gespräch gar nicht weiter zu führen."

- Bitte seien Sie nicht böse, ich wollte Sie nicht beleidigen.

- Das haben Sie aber getan. Und wenn Sie meinen, dass die Arbeiter bereit sind, zu kapitulieren, können Sie selbst hingehen und sie dazu auffordern."

Das war geblöfft, Pierre Bois dachte, dass Lefaucheux einen Rückzieher machen würde.

- "Einverstanden. Ich werde mit ihnen reden.

- Gut, wir werden Ihren Besuch ankündigen."

Die Mitglieder des Streikkomitees verlassen den Raum, gefolgt von Lefaucheux und seinen Direktoren.

Ein paar Genossen gehen vor, um dem Direktor ein Podium herzurichten. eine schöne ölverschmierte, rutschige Ladefläche eines Lasters.

In der Abteilung angekommen steigt Pierre Bois als erster auf das improvisierte Podium und ruft die Arbeiter heran.

Vor den versammelten Arbeitern wendet er sich an Lefaucheux und sagt ihm:

"Herr Direktor, Sie sind hier in einem bestreikten Sektor. Als Verantwortlicher des Streikkomitees, ist es meine Aufgabe, Sie zu empfangen und Sie meinen Genossen vorzustellen.

"Genossen, ich stelle euch Herrn Lefaucheux vor, der gekommen ist, um euch zu bitten, euren Streik selbst zu sabotieren. Er möchte die gestreikten Stunden nicht zahlen, aber er möchte, dass ihr die Arbeit wieder aufnehmt. Er behauptet, dass ihr keine Lust mehr habt, den Streik fortzuführen und dass ihr die Arbeit nicht wieder aufnehmt, weil ich euch beeinflusse. Ich habe ihm vorgeschlagen, herzukommen und euch in die andere Richtung zu beeinflussen, was er versuchen wird zu tun. Herr Direktor, Sie haben das Wort."

Herr Lefaucheux ist bleich.

"Das ist nicht sehr fair", sagt er.

Dann hält er seine Rede vor eisigem Schweigen. Als er fertig ist, begleiten die Arbeiter ihn hinaus, und jeder einzelne verlangt von ihm die Bezahlung der Streikstunden und die 10 Francs.

Die Betriebsleitung gibt nach

Am Freitag, dem 16. Mai macht die Betriebsleitung "mit dem Ziel, ein günstiges Produktionsklima zu schaffen" einen Vorschlag über einen Betrag von 1.600 Francs für die Wiederaufnahme der Arbeit und einen Vorschuss von 900 Francs für alle Arbeiter (ein Vorschuss, der später übrigens endgültig zugesprochen wird).

Tatsächlich wird damit die Forderung des Streikkomitees nach Zahlung der gestreikten Stunden erfüllt, ohne es offen zuzugeben.

Auf dieser Grundlage schlägt das Streikkomitee am Montag, dem 19. Mai nach einer letzten Vollversammlung der streikenden Arbeiter die Wiederaufnahme der Arbeit vor. Diese findet nach einer Versammlung und einer Abstimmung statt.

Die Arbeiter des Sektors Collas fühlen sich keineswegs geschlagen.

Sie haben vor den anderen angefangen, nach den anderen aufgehört, und mit ihrer Hartnäckigkeit haben sie auf Umwegen die Bezahlung der gestreikten Stunden für alle durchgesetzt.

In der Tat hat die Gesamtheit der Arbeiter vom 29.4 bis zum 12.5. gestreikt, das macht acht Arbeitstage. Bei einem Lohn von ungefähr 7.000 Francs im Monat (20 Arbeitstage) für einen angelernten Arbeiter und einer Erstattung der verlorenen Arbeitszeit von 2.500 Francs hat der Großteil der Arbeiter des Betriebs nichts verloren.

Klar, im Sektor Collas haben die Arbeiter vom 25. April bis zum 16. Mai gestreikt, das macht fünfzehn Arbeitstage. Sie haben also ein wenig Geld verloren, wovon im Übrigen ein Teil durch die Streiksammlungen wieder aufgeholt werden konnte.

Doch die Arbeiter des Sektors Collas waren keineswegs enttäuscht. Sie haben einen Streik selbst geführt. Trotz der Feindseligkeit der CGT haben sie durchgehalten. Sie haben sogar gewonnen. Klar, die 3 Francs Prämie waren, ob man es will oder nicht, ihr Verdienst. Und die Bezahlung der gestreikten Stunden war vielleicht kein Sieg aber ein Erfolg. Und dieser Arbeiter aus dem Sektor Collas ist nicht wenig stolz als er erzählt, wie ein Kollege aus dem Werk ihm gesagt hat:

"Trotzdem, das haben wir euch Jungs von den Zahnrädern zu verdanken, dass wir die 1.600 und die 900 gekriegt haben."

Aber die Arbeitenden des Sektors Collas waren auch glücklich und stolz, den ständigen Zwang niedergerungen zu haben. Den der Vorgesetzten und den der Bürokratie. Für sie war der Sektor eine kleine Republik, wo Freiheit und Demokratie herrschten.

"Bei uns gibt es keine Chefs, wir entscheiden selbst", hatte ein Arbeiter stolz gesagt. Sie waren stolz auf ihren Kampf, denn sie waren wirklich daran beteiligt.

Jeden Morgen und oft mehrmals am Tag wurde eine Vollversammlung abgehalten, in der entschieden wurde, was man tun würde.

Zuerst die Streikposten, dann die Abordnungen in die anderen Werkshallen in der ersten Woche, in die anderen Betriebe in der zweiten.

Und dann die Solidarität. Jeden Morgen strömten Gruppen mit den Abzeichen des Streikkomitees und versiegelten Streikbüchsen zu den Geschäften und Werkstoren aus. Nicht, dass man befürchtete, dass einige der Streikenden sich das Geld in die Tasche stecken würden, aber die Arbeiter wollten, dass "alles seine Ordnung" hat. Abends wurde das Geld gezählt.

Auch die Delegationen aus anderen Betrieben kamen mit moralischer Unterstützung und dem Ergebnis ihrer Sammlungen.

Alles wurde eingetragen und im Streiklokal ausgehängt. Am Ende des Streiks wurde alles gerecht verteilt, da die Arbeiter während des Streiks von ihrem Lohn hatten leben können.

Das Streikkomitee hatte ja in weiser Voraussicht am Tag nach der Lohnauszahlung mit der Aktion begonnen.

Bei der CGT lief die Sache anders. Auch dort wurde Geld in Form von Sammlungen oder Gewerkschaftsspenden eingenommen.

Eines Tages gab die CGT bekannt, dass jeder Streikende Anrecht hätte auf... 1 kg Stockfisch und 1kg Linsen!!! An die Linsen und den Stockfisch der CGT erinnerte man sich noch lange bei den Collas-Kollegen. Die CGT hatte die Arbeiter auch aufgefordert, sich für eine eventuelle Unterstützung anzumelden.

Das war ein ganz schöner Aufruhr, als der Verantwortliche des Streikkomitees das Wort ergriff, um mitzuteilen:

"Diejenigen, die sich für die Unterstützung der CGT angemeldet haben, werden schon bald bedient werden".

Tatsächlich hatten wir, dank unserer Putzgruppen die Liste mit den Anmeldungen gefunden... in einem Mülleimer.

Das sind natürlich Details, aber sie zeigen deutlich den Unterschied zwischen einer Bewegung, die von den Arbeitern selbst geführt wird und einer bürokratisch geführten Aktion.

Die CGT ruft Sieg

Die CGT, nachdem sie gegen die "Verantwortungslosen" des "Komitees der Provokateure" gewettert hatte, die den Streik trotz ihrer Aufrufe zur Wiederaufnahme der Arbeit allein weitergeführt hatten, schreibt sich natürlich diesen neuen Sieg zu. Sie zögert nicht, zu schreiben, dass es die "Gewerkschaftsgruppe" war, die "indem sie ihre Aktion weiterführte" 1.600 Francs für alle durchgesetzt hat. Sie erklärt sogar: "DIESER SIEG wurde nach zwei weiteren Stunden der Diskussion von unserer Delegation im Büro des Arbeitsministers Daniel Mayer in Gegenwart der Unternehmensleitung davon erreicht".

Zwei Stunden Diskussion der CGT oder eine zusätzliche Woche Streik des Sektors Collas? Die Verfasser des Flugblatts schrecken weder vor den offenkundigsten Lügen zurück noch davor, sich lächerlich zu machen.

Sie sind Meister in der Kunst der nachträglichen Fabrikation von Wahrheiten. Aber sie haben die ungeheure "Schlagkraft" der CGT auf ihrer Seite und verfügen über außerordentliche Propagandamittel.

In der Tat ist dieses Flugblatt charakteristisch für die Haltung der CGT während des gesamten Streiks.

Wie wir gesehen haben, hat sich die CGT zu Anfang mit Festigkeit und Brutalität gegen den Streik gestellt. Aber dann hat sie von Stunde zu Stunde die jeweils nötigen Kurven genommen, um sich nicht überholen zu lassen. Als klar war, dass sie die Entschlossenheit des Collas-Sektors nicht brechen können würde, hat sie versucht, ihn politisch und technisch zu isolieren. Die Verleumdungskampagne verstärkte sich weiter, selbst als die CGT am Streik teilnahm. Mit diesen sich gegenseitig ergänzenden Taktiken verfolgte die Gewerkschaftsleitung ein einziges Ziel: Die Initiative und die Leitung der Bewegung wiederzuerlangen, indem sie den Einfluss des Streikkomitees auf den Collas-Sektor beschränkte, der offensichtlich unwiederbringlich verloren war. Und das war, wie man auch sehen konnte, nicht so einfach. Die CGT hatte ein erstes Mal geglaubt, sich aus der Affäre ziehen zu können, als sie zu einer Stunde Streik im gesamten Unternehmen aufrief. Aber die Arbeiter hatten die Arbeit nach Ende der offiziellen Arbeitsniederlegung nicht wieder aufnehmen wollen. Und als am Mittwoch, dem 30. April das Streikkomitee den Generalstreik für das gesamte Werk ausrief, war die CGT durch den Anklang dieser Losung gezwungen, eine geheime Abstimmung durchzuführen. Mit der Abstimmung zugunsten des Streiks vom 2. Mai befand sich die CGT wieder an der Spitze des Renault-Kampfes und vermehrte die Besprechungen mit der Unternehmensleitung und mit dem Arbeitsminister auf der Suche nach einem annehmbaren Kompromiss.

Es ist deutlich, dass die CGT, als sie die Unmutswelle der Arbeiter bei Renault nicht mehr einzudämmen vermochte, sich am Abend des 2. Mai dafür entschieden hat, die Führung der Bewegung zu übernehmen, um sie so besser kontrollieren zu können. Diese Taktik ist mittlerweile Tradition, aber 1947 war sie das Ergebnis einer politischen Entscheidung. Eine Entscheidung, mit der sich die PCF im Bewusstsein aller politischen Folgen, die eine solche Entscheidung notwendigerweise mit sich brachte, schließlich abfand. Doch es ist eine grundlegende Entscheidung, die absolut bezeichnend ist für das widersprüchliche Wesen und die Politik der PCF in Frankreich.

Die PCF saß seit 1944 in der Regierung. Bei der letzten Kabinettsumbildung (am 22. Januar 1947 hatte der neue Präsident der Republik, Vincent Auriol, ein Sozialist, Ramadier, einen anderen Sozialisten, aufgefordert, ein neues Kabinett zu bilden), erhielt die PCF so viele Ministerposten wie nie zuvor: Maurice Thorez, Staatsminister, wird stellvertretender Ministerratsvorsitzender. François Billoux erhält das stark umkämpfte Ressort der Landesverteidigung und Ambroise Croizat behält natürlich das Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit. Ein weiterer Kommunist, Georges Marrane, wird Gesundheitsminister. Und Charles Tillon schließlich erhält diesmal den Posten des Ministers für Wiederaufbau und Städtebau.

Die Minister sind an die Regierungstreue gebunden. Das heißt, sie können nicht gegen die Regierung stimmen, wenn sie nicht aus der Regierung ausgeschlossen werden wollen. In vielen Punkten betreibt die PCF mit Rücksicht auf ihre Arbeiterbasis in ihrer Presse eine respektvolle Opposition gegen die Regierungspolitik. Doch sie findet stets Auswege, um weiterhin an der Regierung "teilzunehmen", und dabei Anflüge von Oppositionswillen zu zeigen. So geben die "kommunistischen" Minister in Bezug auf den Krieg in Indochina der Regierung ihr Vertrauen, während die "kommunistischen" Abgeordneten (183 an der Zahl) sich enthalten. Desgleichen verlassen die kommunistischen Minister am 16. April 1947, als der Ratsvorsitzende die Aufhebung der parlamentarischen Immunität dreier madagassischer Abgeordneter beantragt, die für den dort am 29. März ausgebrochenen Aufstand verantwortlich gemacht werden, die Sitzung des Ministerrats, um nicht Stellung nehmen zu müssen.

Dennoch stellen diese im Voraus geregelten und von den Regierungspartnern der PCF akzeptierten Demonstrationen ihre Regierungsbeteiligung nicht in Frage.

Beim Renault-Streik wird das anders sein.

Ab dem 30. April - bei Renault wurde noch nicht offiziell für den Streik gestimmt, aber 20.000 Arbeiter haben bereits die Arbeit niedergelegt und folgen den Losungen des Streikkomitees - prangerte das Politbüro der PCF "die Weigerung, die Löhne der Arbeiter einer gerechten Anpassung zu unterziehen" an und verkündete Maurice Thorez im Ministerrat, dass sich die PCF von der Preispolitik der Lohnblockade der Regierung distanziert.

Das ist der Beginn der "Krise". Der sozialistische Ratsvorsitzende Ramadier gibt vor zu glauben, dass die PCF den 1. Mai ausnutzen wird, um Unruhen zu organisieren! Er lässt das Elysée und verschiedene Ministerien unauffällig von Sicherheitskräften umstellen. Er sendet den Befehlshabern der Militärregionen den Befehl, ihre Truppen in "Alarmbereitschaft" zu versetzen und lässt den erkrankten Parlamentsvorsitzenden Edouard Herriot nach Paris zurückholen, als Vertretung für den sich auf Reisen befindenden Präsidenten der Republik Auriol.

Diese gestenreiche Panikmache ist das äußere Anzeichen der Entscheidung Ramadiers mit den kommunistischen Ministern zu brechen. Tatsächlich beschließt er, um den Bruch herbeizuführen, die Debatte vor die Nationalversammlung zu bringen und so die mit der Regierung uneinigen Minister zu zwingen, deutlich und in öffentlicher Abstimmung ihre Position kundzutun.

Am Freitag, dem 2. Mai, einem im Voraus geplanten Drehbuch folgend, wird die Regierung daher in der Nationalversammlung von einem sozialistischen Abgeordneten (der auf Bitte von Ramadier handelt) aufgefordert, zu den Lohn- und Preisproblemen Stellung zu nehmen. Das Vertrauensvotum wird für den 4. Mai angesetzt.

Am 4. Mai erhält die Regierung das Vertrauen der Nationalversammlung mit 360 Stimmen gegen 186. Die kommunistischen Minister und alle kommunistischen Abgeordneten haben gegen die Regierung gestimmt.

Noch am selben Abend fordert Ramadier die kommunistischen Minister zum Rücktritt auf. Sie lehnen ab. Ramadier entzieht ihnen daraufhin ihre Befugnisse, die sie von ihm erhalten hatten.

Und im Gesetzblatt vom 4. Mai erscheint das Dekret über die Änderung der Regierungszusammensetzung mit folgendem Wortlaut: "Die Ämter der Herren Maurice Thorez, Staatsminister, stellvertretender Ratspräsident, François Billoux, Minister der Landesverteidigung, Ambroise Croizat, Minister für Arbeit und Soziale Sicherheit, Charles Tillon, Minister für Wiederaufbau und Städtebau, werden infolge ihres Votums vom 4. Mai 1947 in der Nationalversammlung als beendet betrachtet."

Der fünfte kommunistische Minister, Georges Marrane, Gesundheitsminister, wird nicht abgesetzt. Er hatte an der Abstimmung nicht teilgenommen, da er kein Abgeordnetenmandat hatte. Er tritt noch am selben Tag zurück.

Die Dreiparteien-Koalition war einmal.

Schlussfolgerungen

Der Renault-Streik im April und Mai 1947 war damals ein wichtiges Ereignis, und das aus mehreren Gründen. Zunächst weil die Arbeitenden dank des Streiks wieder an die Tradition der Arbeitskämpfe der Vergangenheit angeknüpft und den Streik als Waffe ihrer Klasse wieder entdeckt haben. Dann weil der Renault-Streik ein beträchtlicher Impuls für die Arbeiterbewegung gewesen ist.

So schrieb Pierre Monatte damals: "Renault hat die Schleuse geöffnet und eine Welle von Streiks ist durch Frankreich gerollt". Nach Mai 1947 traten zahlreiche Fabriken ihrerseits in den Streik, gefolgt von den Eisenbahnern und einige Monate später von den Bergleuten. Schließlich war er auf politischer Ebene die direkte Ursache für das Ende der kommunistischen Regierungsbeteiligung, die seit der "Befreiung" mehr schlecht als recht zuerst unter De Gaulle, dann als Dreiparteien-Koalition überdauert hatte. Und schließlich und vor allem hat dieser von revolutionären Aktivisten ausgelöste und geführte und sich auf die Kampfkraft der Arbeiter stützende Streik gegen die Bosse, den Staat und die Gewerkschaftsleitungen gezeigt, dass Aktivisten der PCF in einer ihrer Arbeiterhochburgen ihr tatsächliches "Monopol" über die Arbeiterklasse streitig machen können und dass sie die Einzigen sind, die sowohl für die sofortigen als auch die langfristigen Interessen der Arbeitenden wirklich eintreten.

Der Rücktritt der PCF-Minister aus der Dreiparteien-Regierung ist keine nebensächliche Erscheinung. Auch wenn die internationale Lage früher oder später zu diesem Ausschluss führen musste, bleibt doch, dass es im April 1947 die Minister der PCF sind, die entschieden haben, die Koalition zu brechen und das aufgrund eines innenpolitischen Problems. Dieses Problem ist das der Beziehung der PCF zur Arbeiterklasse, eine schwierige und widersprüchliche Beziehung.

Wie alle reformistischen Organisationen, deren Aufgabe es im Grunde ist, innerhalb der Arbeiterbewegung die Interessen der Bourgeoisie zu vertreten, ist die PCF zwei sich widersprechenden Arten von Druck ausgesetzt. Einerseits von Seiten der Arbeiterbasis, andererseits von Seiten der Bourgeoisie. Meistens löst sich dieser Widerspruch in einer Politik der "angemessenen" Forderungen auf, die dem Arbeiterunmut erlaubt, sich Luft zu machen und zum Ausdruck zu kommen, ohne jedoch den normalen Verlauf des kapitalistischen Systems oder die politische Herrschaft der Bourgeoisie in Frage zu stellen. Aber wenn der Druck von Seiten der Arbeiter stärker wird, wenn sich der Unmut der Arbeiter nicht mehr in beschränkten und kontrollierten Aktionen lenken lässt, verengt sich der Handlungsspielraum der reformistischen Bürokratie noch mehr. Je nach dem Grad der Kampfbereitschaft der Arbeiter, je nachdem, wie bedrohlich sie für die bestehende soziale Ordnung erscheinen, sehen sich die Organisationen mehr oder weniger gezwungen, mit den Arbeitern zumindest bis zu einem gewissen Punkt "auf die Straße zu gehen" und manchmal sogar, ihnen zuvor zu kommen, um nicht das Ansehen der Arbeiter zu verlieren. (Wie es z.B. im Mai 1968 geschah). Das führt natürlich zu einem gewissen Bruch mit der Bourgeoisie, ein sehr bedingter, taktischer und vorübergehender Bruch, der je nach Tiefe der sozialen Krise mehr oder weniger stark sein kann, aber nie bis zum endgültigen Bruch. Ganz im Gegenteil. Denn wenn die Arbeiterklasse so weit geht, dass sie die Herrschaft der Bourgeoisie direkt bedroht, bis dahin, sich ihre eigenen Kampf- und Machtorgane zu geben, wählen die reformistischen Organisationen offen das Lager der Bourgeoisie und stellen sich den Arbeitern entschieden entgegen. Der Beweis wurde in der Geschichte mehrmals erbracht.

In Frankreich ist es bisher noch nicht soweit gekommen. Wie stark die Streikbewegungen auch gewesen sein mögen, sie haben sich noch nie eine selbständige Kampfleitung gegeben und die PCF hat bisher noch jeden Streik beenden können. Trotzdem kann die PCF - und sie hat es seit 1947 schon allein im Mai 1968 gezeigt - einen Streik, auch einen Generalstreik, auslösen.

1947, als sie vor der Wahl stand zwischen ihrer Beteiligung an der Regierung, d.h. ihrer so sehr gewünschten Einbeziehung in die bürgerliche Politik, und der Unterstützung der sich entwickelnden Streikbewegungen, hat sie sich für das letztere entschieden. Warum?

Weil die PCF, die der französischen Bourgeoisie wegen ihrer Verbindung mit der UdSSR verdächtig ist, in den Augen der Bourgeoisie nur einen Vorteil bietet, der sie davon überzeugen kann, sie in ihren Kreis aufzunehmen: Ihren Einfluss auf die französische Arbeiterklasse. Diesen Einfluss zu verlieren, bedeutete, den einzigen Trumpf zu verlieren. Das hieße, den Weg einzuschlagen, der die SFIO dahin gebracht hat, heute nur noch der Schatten einer Arbeiterpartei zu sein. Die PCF wird sich dazu nur im Fall einer grundlegenden Krise entschließen, d.h. wenn die Situation unmittelbar vorrevolutionär ist.

Das war weder im Mai 1947 noch im Mai 1968 der Fall. Und die PCF konnte sich, auch wenn sie sich in den Augen der Bourgeoisie ein wenig in Misskredit brachte, offen auf die Seite der streikenden Arbeiter stellen.

Diese politische Wahl ist natürlich dazu bestimmt, ihren Einfluss auf die Arbeiterbewegung zu stärken und auszuweiten. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die PCF, während sie den Streik ausweitet bzw. unterstützt, offen und äußerst heftig die "verantwortungslosen Elemente" "Linksradikalen" (das Wort war 1947 noch nicht im Trend) angreift, die den Konflikt vom Zaun gebrochen haben. Die Lektüre der Flugblätter der CGT Renault im Anhang der französischen Ausgabe dieser Broschüre ist in dieser Hinsicht erhellend. Dergleichen Prosa bekam man auch im Mai 1968 zu lesen. Und heute wieder, im Mai 1971, im derzeitigen Renault-Konflikt. Duclos soll in der Nationalversammlung gesagt haben: "Die PCF wird sich niemals von links überholen lassen". Das ist jedenfalls die Politik, die die PCF seitdem verfolgt und die die Heftigkeit ihres "Hasses" gegen die "Linksradikalen" erklärt.

Aber da liegt auch - und die PCF ist sich dessen vollkommen bewusst - ihre schwache Stelle. Indem sie tagtäglich eine nationalistische und reformistische, unwirksame und demoralisierende Politik betreibt, bietet die PCF eine Angriffsfläche für Angriffe von links. Die respektvolle Opposition, auf die sie sich sowohl politisch als auch was die Forderungen betrifft, beschränkt, ist völlig aussichtslos und rentiert sich nicht.

Und wenn die Arbeiter ihren Lebensstandard oder ihre Sicherheit verteidigen wollen, müssen sie dies trotz der so genannten "Kommunisten" oder sogar gegen sie tun. Auch in dieser Hinsicht ist der Renault-Streik im April-Mai 1947 lehrreich. Die CGT sprach von Lohnverteidigung, tat aber nichts, um diese durchzusetzen. Die Aktion der Aktivisten der Union Communiste bei Renault bestand darin, diesen Widerspruch offen zu legen, indem sie den Kampf begann, die Gesamtheit der Arbeitenden in Widerspruch zur Politik der abgesprochenen Untätigkeit der Gewerkschaft zu bringen.

Und der Renault-Streik im April 1947 hat gezeigt, was in einem solchen Fall möglich ist. Natürlich kam es nicht zum vollständigen Bruch zwischen der Arbeiterklasse und der PCF, außer vielleicht im Sektor Collas. Die revolutionäre Gruppe, die diese Aktion geführt hat, war zu schwach, zu jung, zu wenig bekannt, um den Versuch über das bei Renault geleistete hinaus fortzusetzen. Ihr Verdienst hat schließlich darin bestanden, mit der richtigen Politik und dem richtigen Verhalten in einer Aktion mit landesweiten Auswirkungen konkret die Richtung der zu leistenden Arbeit und die Perspektiven aufzuzeigen, die sich Revolutionären bieten, die bereit sind, sich in der Arbeiterklasse mit der PCF anzulegen.

Diese Perspektiven existieren immer noch, sie treten heute sogar noch deutlicher zu Tage. Die PCF ist nicht mehr an der Regierung, aber der Hemmschuh, den die CGT und die PCF bilden, ist für eine stets größere Zahl von Arbeitern mehr und mehr deutlich spürbar. Dieses Bewusstsein bleibt verschwommen, da es in den Betrieben an revolutionären Aktivisten mangelt, die dies verdeutlichen könnten. Die Aufgabe der revolutionären Avantgarde besteht heute darin, diesen Mangel so schnell wie möglich zu beheben. Das ist die Aufgabe, die sich die Aktivisten von Lutte Ouvrière gestellt haben, und die sie täglich leisten. Sie tun dies im Bewusstsein, die von den Aktivisten der Union Communiste begonnene Arbeit fortzusetzen. Eine Arbeit, die 1947 den ersten großen Streik der Nachkriegszeit ermöglicht hat.

Mai 1971