Kein Blut im Öl! (Vortrag von Arlette Laguiller in Paris am 21. März 2003)

Kein Blut im Öl!
März 2003

Arbeiterinnen und Arbeiter, Genossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunde,

Vor zwei Tagen hat die Invasion des Iraks begonnen. Raketen und Bomben fallen auf Bagdad und eine Reihe weiterer Großstädte und die amerikanischen und britischen Bodentruppen haben begonnen, in den Irak einzufallen.

Dieser Krieg, den zwei der größten Militärmächte der Erde gegen ein praktisch unbewaffnetes Volk führen, ist ein imperialistischer Krieg, ein Aggressionskrieg ohne jegliche Rechtfertigung, ein überfallsartiger Krieg, den nicht einmal die Bürgschaft der UNO deckt.

Nicht einmal das, was die Großmächte \"internationales Recht\" nennen, wird respektiert. Die Staaten, die nicht mit diesem Krieg einverstanden sind, könnten ihn wenigstens formell im Namen der UNO verurteilen. Denn heute sind die USA die Eindringlinge, genauso wie der Irak 1991, als er Kuwait überfiel. In den Augen der Großmächte jedoch hat ein großer Staat das Recht, ungestraft das zu tun, was man einem kleinen Staat untersagt. Und wenn man nach einer Demonstration der Parteilichkeit der UNO und der Nutzlosigkeit der Organisation, was die Bewahrung des Friedens betrifft, suchen würde, so wäre dies ein gutes Beispiel.

Und jene, die vielleicht vom Text unseres Plakats überrascht sind - Kein Blut im Öl - haben wahrscheinlich keine Vorstellung davon, was dieser Krieg und seine Schrecken bedeuten.

Ja, viel Blut wird im Irak fließen, viel Blut der Arbeiterklasse, der Menschen, die in Not und Elend leben. Und nicht nur die militärischen Großmächte, sondern auch die wohlhabendsten Staaten, werden die Bevölkerung noch ein Stück weiter ins Elend treiben. Sich aus dieser Not zu befreien wird Jahre dauern, wenn es überhaupt möglich ist. Die Bevölkerung wird mit Epidemien konfrontiert sein, mit Mangel an Schulen und Krankenhäusern. So betrachtet, wird eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen geopfert werden.

Der Teil der Bevölkerung, der nicht bei den ersten Angriffen umkommt, wird Bombardierungen ertragen, schwere Verletzungen, Mangel an Nahrungsmitteln, an Wasser, an medizinischer Pflege.

Vergessen wir also nicht, dass das irakische Erdöl nach diesem Krieg um seine Verteilung die Welt überschwemmen wird, die Vereinigten Staaten und Großbritannien, aber mittels der großen amerikanischen Gesellschaften auch Frankreich. Vergessen wir also beim Tanken nicht den Preis, den dieses Benzin gekostet hat. Vergessen wir also nicht, dass wir bei jedem Mal Tanken auch ein bisschen irakisches Blut in unsere Tanks füllen.

Wenn es sich auch nur um eine Metapher handelt, so ist es doch die Wahrheit. Ein Lied der \"Poilus\", der Soldaten aus der Zeit des ersten Weltkrieges, handelt von einem Hügel, der Tausende Menschen für nichts sterben hat sehen: "Heute wachsen hier Weinstöcke und Trauben, aber wer diesen Wein trinkt, wird das Blut der Freunde trinken."

Man lässt uns also mit dem Blut der Iraker reisen, das in den Tanks unserer Autos, der Züge und Flugzeuge ist!

Das ist das Verbrechen, das vorbereitet wird und das uns alle zu Mithelfern macht.

Heute können wir nichts tun, um die Mörder an ihrer Tat zu hindern. Die Gegner der Intervention könnten wenigstens in der UNO einen Antrag stellen, um diese ungerechtfertigte und illegale Aggression zu verurteilen, illegal selbst vom Standpunkt einer Organisation, welche die Absicht hat, den Frieden zu verteidigen und Angriffe zu vermeiden. Sie haben es nicht getan, Chirac nicht mehr als die anderen.

Tatsächlich sind sie alle Komplizen.

Und dann, fielen letztendlich einige Fässer Öl für sie ab, wären sie nicht kleinlich, was die Mischung betrifft, solange sie ihnen etwas einbrächte.

Genau in diesem Augenblick, wo ich zu Ihnen spreche, fallen Bomben auf Bagdad und ist die mächtigste Armee der Welt im Begriff, ein armes Land unter seiner Feuerkraft und seinen Panzern zu zermalmen. Wie viele Tote gibt es schon jetzt? Wie viele Tote wird es noch geben? Wie viele Männer, Frauen, Kinder, alte Leute sind in ihren Kellern zusammengepfercht, zitternd vor Angst? Wie viele werden verschüttet werden?

Also denken wir daran, und nicht nur heute, wo ein menschliches Wesen in normalem Zustand nur erschüttert sein kann bei der bloßen Vorstellung von dem, was im Irak geschieht. Aber denken wir auch morgen daran. Denken wir daran, wenn wir bei Exxon, Shell, TotalFinaElf oder BP tanken. Die Schilder, die wir entlang der Straßen finden, von Frankreich bis in die USA, in Lateinamerika genauso wie in Afrika oder Asien, unterscheiden sich nicht. Hinter diesem schmutzigen Krieg stecken ein Dutzend Ölkonzerne, Komplizen und Rivalen, mit einigen anderen der Industrie, der Waffenproduktion oder des Bauwesens und der Straßenbauindustrie. Genauso, wie sie hinter zahlreichen anderen Kriegen gesteckt haben, welche in der Geschichte Blut fließen haben lassen. Allein seit dem zweiten Weltkrieg: Hinter wie vielen Staatsstreichen, von Mossadeghs Iran bis zu Venezuela, standen die Ölkonzerne? Und man darf nicht vergessen, dass sogar auf dem afrikanischen Kontinent, dem ärmsten unter der Armen, die Rivalität zwischen British Petroleum und Shell auf der einen und Elf auf der anderen Seite zu dem fürchterlichen Krieg von Biafra um das Öl Nigerias geführt hat, der 1967 ausgelöst wurde und Hunderttausende Todesopfer gefordert hat und von dem sich dieses beklagenswerte Land bis heute nicht erholt hat. Die Geschichtsbücher sprechen von einem ethnischen Krieg? Nicht barbarische Leidenschaften, auferstanden aus den Tiefen der Vergangenheit, sind es, die in Nigeria getötet haben. Es handelt sich um kaltblütige Berechnungen, die in den Betriebsräten der großen Konzerne und den Büros der Minister geführt werden. Hinter BP und Shell stand die britische Regierung, hinter Elf die französische. Und zahlreiche Bürgerkriege verlängern sich, in Angola und im Kongo, weil die bewaffneten Banden, die sie führen, von den gleichen Trusten finanziert werden.

Während die Diplomaten in der UNO oder den anderen internationalen Organismen schwatzen, sind es diese oder andere Konzerne, die in den armen Staaten Staatschefs ein- und absetzen und die Welt von den entwickelten Ländern aus im Sinne ihrer eigenen Interessen leiten.

Die diplomatische Komödie der UNO war lediglich ein Vorhang aus Rauch, hinter dem die USA ihren militärischen Aufmarsch rund um den Irak vorbereitet haben. Anfangs behaupteten die USA, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze und dass er sie zerstören müsse. Diese von der UNO einstimmig beschlossene Forderung war bereits von beispiellosem Zynismus, denn sie kam von den USA, Großbritannien, aber auch von Frankreich, von den Großmächten also, deren Nuklearwaffen unseren Planeten gleich mehrmals vernichten könnten!

Aber die von der UNO beauftragten Inspektoren haben keine Massenvernichtungswaffen gefunden. Also haben die amerikanischen Führer den Irak aufgefordert, jene klassischen Waffen zu zerstören, die von den Inspektoren gefunden worden waren. Obwohl der Staat allen aufeinanderfolgenden Aufforderungen nachkam, haben die amerikanischen Führer die Tatsachen geleugnet und den Preis hochgetrieben, indem sie in den vergangenen Wochen die Ausreise Saddam Husseins forderten. Am Vorabend des Krieges jedoch war ihnen sogar das nicht mehr genug: Bush kündigte an, dass, sollte Saddam Hussein in letzter Minute das Land verlassen, die amerikanische Armee trotzdem in den Irak eindringen würde!

Natürlich weiß ich genauso wenig wie alle anderen, wie lange dieser schmutzige Krieg dauern wird. Ich weiß nicht, ob die erdrückende materielle Überlegenheit der Amerikaner, ihre Technologie, leicht die Oberhand über die Armee Saddam Husseins gewinnen wird. Ich weiß nicht, ob ein Teil der irakischen Bevölkerung, zumindest die am meisten unterdrückten Bevölkerungsgruppen, etwa Kurden und Schiiten, vom Kriegszustand profitieren werden, um sich gegen den Diktator zu erheben.

Denn Saddam Hussein ist ein Diktator und er und sein Regime sind gewiss nicht zu bedauern. Aber die erdrückende Mehrheit der Bevölkerung wird den Krieg ertragen müssen. Und über seinen Diktator wird das ganze Land zum Ziel.

Und dann: Die nicht nur von amerikanischen und britischen Politikern geheuchelte Empörung über Saddam Husseins Regime ist widerlich. Denn wie furchtbar auch immer die Verbrechen Saddam Husseins gegen sein eigenes Volk sein mögen - viel schlimmer noch sind jene der Großmächte, die sich heute als bewaffnete Missionäre der Demokratie hinstellen.

Erinnern wir uns, dass sich der englische und der französische Imperialismus nach dem Ende des ersten Weltkriegs auf diese Region gestürzt haben, um sie seinen eigenen Interessen nach zu teilen: der heutige Libanon und das heutige Syrien gingen an den französischen Imperialismus, der Irak und Jordanien an den englischen.

Erinnern wir uns, dass Großbritannien einem Irak mit künstlich geschaffenen Grenzen sein Protektorat aufgezwungen hat, mit Blut und Gewalt; ein Protektorat, dass er nicht wollte. Um den Irak in seine Gewalt zu bringen, hat das ach so « demokratische » Großbritannien einen Aufstand der Schiiten im Blut erstickt, hat Dörfer verbrannt und die hingerichtet oder deportiert, die es für die Verantwortlichen der Revolte hielt.

Wieder Großbritannien war es, das mit Frankreich als Helfershelfer Armee und Staatsapparat des Iraks aufgebaut und eine Hierarchie von Offizieren ins Leben gerufen hat, die in den Militärschulen Englands oder des britischen Reichs in Indien darauf dressiert wurden, ihr eigenes Volk zu unterdrücken.

Und wiederum waren es die Engländer und Franzosen, die gemeinsam dem kurdischen Volk das Recht auf nationale Anerkennung versagten und es zwischen der Türkei, dem Irak, dem Iran und Syrien aufteilten.

Saddam Hussein hat den von Großbritannien und Frankreich zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen der Region erzeugten Hass ausgenützt: die Sunniten gegen die Schiiten, die Araber gegen die Kurden.

Der gesamte Nahe Osten trägt bis heute die Wunden des perversen Spiels um Herrschaft, das die imperialistischen Supermächte führen, in seinem Fleisch.

Und als der Horror des Naziregimes Hunderttausende europäische Juden auf der Suche nach Land zur Auswanderung getrieben hat, waren es erneut diese Großmächte, die entschieden haben, den Staat Israel gegen die arabischen Völker der Region zu errichten und die dadurch eine unentwirrbare Situation geschaffen haben, deren Preis das palästinensische Volk genauso zahlt wie das jüdische.

Und diese Leute erzählen uns jetzt von Demokratie, von Freiheit!

Der widerliche ideologische Brei, in dessen Namen Bush und die seinen den Krieg führen, indem sie Bibel und Demokratie vermischen, ist umso zynischer, als die amerikanische Führung gerne auf Demokratie verzichtet. Sogar nach amerikanischen Kriterien: Saudi-Arabien mit seiner fundamentalistischen Monarchie - eine Demokratie?

Auch amerikanische Soldaten werden sterben und während sie glauben, für die Heimat zu sterben, werden sie für die Konzerne und alle diese Leute sterben.

Und dann, müssen wir daran erinnern, dass Saddam Hussein selbst lange von den Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien unterstützt worden ist? Zu jener Zeit war Khomeini im Iran der Störenfried der Region. Die Großmächte waren es also, die Saddam die « Massenvernichtungswaffen » verkauft haben, die die Inspektoren der UNO dieses Mal nicht gefunden haben. Die Großmächte waren es, die ihn 1980 gegen den Nachbarstaat Iran getrieben haben, in einen langen, todbringenden Krieg, der eine Million Todesopfer gefordert hat.

Die Plünderungskriege werden von den Führern der Großmächte seit langem mit Schlagwörtern wie \\\"Zivilisation\\\" oder \\\"Demokratie\\\" gerechtfertigt. Unter dem Stichwort \\\"Zivilisierung\\\" war es, dass die französische Armee einst Algerien erobert und seine Bevölkerung dezimiert hat. Unter dem Vorwand der « Zivilisierung » hat das imperialistische Frankreich Schwarzafrika Zwangsarbeit und Peitsche auferlegt.

Also ja, es ist ein ekelhafter Krieg. Er vertritt die Interessen keines Volkes, nicht einmal jene des amerikanischen. Denn auch wenn die Soldaten über eine erdrückende militärische Überlegenheit verfügen, so werden doch einige behindert für den Rest ihres Lebens aus diesem Krieg zurückkehren, andere gar nicht. Ob es nun für die amerikanischen Soldaten ein beinahe virtueller Krieg bleibt, der mit ferngesteuerten Raketen und von Flugzeugen, die weit entfernt ihre Opfer überfliegen, geführt wird. Oder ob sie irgendwann den Opfern, den Männern, alten Leuten, Frauen und Kindern gegenüberstehen: Vielen werden Spuren bleiben. Moralische und psychologische Spuren. Der Vietnamkrieg hat Spuren hinterlassen, die viel weiter gehen als die Toten und Verletzten, denn die Spuren eines Krieges sind nicht nur körperlich.

Und sogar wenn der Krieg selbst schnell geführt wird, wie wird es nachher aussehen? In welcher Form wird die Bevölkerung die Rechnung zahlen?

Oh, die großen Konzerne werden sich auf das Land stürzen, wenn erst einmal das Embargo aufgehoben ist! Die großen Ölkonzerne natürlich. Sie wissen, dass sie von der Gunst der amerikanischen Verwaltung profitieren werden. Sie wissen, dass, sollte die amerikanische Besatzung jemals zu Ende gehen, das irakische Regime genauso umgänglich sein wird wie die künstlichen Emirate in seiner Nachbarschaft, die örtlichen Verwalter der Interessen der großen Trusts. Und es wird die Ölausrüstungskonzerne geben, die Bauwirtschaftskonzerne.

Oh, sie werden nicht kommen, um die zerstörten Dörfer und armen Viertel wiederaufzubauen! An der Bevölkerung allein wird es sein, die Ruinen in den Dörfern und Städten zu beseitigen und zu versuchen, eine normale Existenz aufzubauen.

Aber wenn das Öl einträglich ist, kann es einige große Baustellen finanzieren. Vielleicht werden glänzende Finanzzentren gebaut werden. Vielleicht wird man die Häfen modernisieren, um das Erdöl besser ausführen zu können, oder man wird Flugplätze bauen, um die Truppenbewegungen der Besatzungsmächte und die Reisen der Manager und Führungskräfte der Ölgesellschaften zu erleichtern. Vielleicht wird man einige vierspurige Autobahnen für die protzigen Wagen der Zwischenhändler, die sich bereichern, bauen.

Es scheint, die amerikanische Regierung hat bereits eine gewisse Anzahl von vertraulichen Verträgen mit privaten Gesellschaften unterzeichnet. Nur ein potentieller Markt ist das Ruinenfeld, das der Irak sein wird, in den Augen der Geier, die sich auf das Land stürzen. Ein Markt zwischen 30 und 100 Milliarden € denn es gibt bereits Wirtschaftsexperten, die Studien darüber gemacht haben, was der Krieg der alleinigen Bauwirtschaft bringen wird. Aber wer wird zahlen?

Wenn das alles mit dem Geld des Erdöls bezahlt wird, so zahlt erneut das irakische Volk. Denn ihm hat man die Einkünfte aus dem Erdöl gestohlen, die man nicht dazu verwenden wird, der Unterentwicklung des Irak ein Ende zu bereiten.

Der Irak war schon immer ein armes Land, ein unterentwickeltes Land. Um das Erdöl, das unter seiner Oberfläche begraben liegt, haben sich in der Vergangenheit zuerst die englischen und deutschen, dann die englischen und französischen Konzerne gestritten, bevor schließlich die amerikanischen ihr Auge darauf geworfen haben. Nie jedoch hat der Großteil der Bevölkerung im Irak davon profitiert. Zusätzlich wurde das Land vom Krieg gegen den Iran ausgeblutet, dann von den Bombardierungen, die seit dem Golfkrieg nicht aufgehört haben, außerdem vom Embargo. Einem Embargo, unter dem weder Saddam Hussein und seine Umgebung noch die Reichsten gelitten haben, die dank Schmuggelware weiterhin im Luxus leben konnten. Für die Arbeiterschichten jedoch war das Embargo katastrophal.

In seiner Rede, in der er das Ultimatum festlegte, versprach George Bush dem irakischen Volk einen « wirklichen Wohlstand » für die Zeit nach dem Krieg. Das hatte er schon Afghanistan versprochen, wenn es erst einmal von den Taliban befreit sei. Aber wenn auch Millionen von Dollar in Bomben über diesem unglücklichen Land abgeworfen worden sind, so hat es doch anschließend nichts gegeben. Und auf die Diktatur der Taliban folgte jene der Kriegsherren, die von der amerikanischen Armee eingesetzt worden sind. Und ärmer noch als zuvor ist Afghanistan seit dem Ende des Kriegs. Wenn der Krieg tatsächlich zu Ende ist: In der Nacht des ersten Bombenangriffs auf Bagdad bombardierten amerikanische Flugzeuge ebenfalls massiv den Süden Afghanistans.

Bush versprach außerdem dem irakischen Volk und besonders denjenigen, die unter der Diktatur Saddam Husseins gelitten hatten, so wie Schiiten oder Kurden, Freiheit und Gleichheit. Es ist verständlich, dass die Kurden, die sich aus guten Gründen an die Behandlung erinnern, die Saddam Hussein ihnen zukommen ließ, hoffen, dass sie dieses Mal vom Diktator befreit werden. Aber auch wenn Saddam Hussein vertrieben ist, wird das kurdische Volk seine Freiheit nicht erlangen, nicht einmal auf nationaler Ebene. Der Zustand des « halben Krieges », in dem sich der Irak seit zehn Jahren befindet, und die amerikanische Militäranwesenheit haben den Kurden im Norden erlaubt, sich eine de facto Autonomie zu schaffen. Das heißt aber nicht, dass sie durch die amerikanische Invasion nicht das bisschen verlieren werden, was sie erreicht haben. Welche Versprechungen auch immer sie heute vorgaukeln - die USA werden die Gründung eines kurdischen Staates nicht erlauben, um die Türkei nicht zu verärgern. Trotz ihrer zurückhaltenden Position, die sie allerdings schnell aufgegeben hat, gestattete sie den Durchmarsch der amerikanischen Truppen und bleibt einer ihrer wichtigsten Alliierten in der Region. Es wäre nicht das erste Mal, dass das kurdische Volk gegen seinen Unterdrücker kämpft und sich sein Verbündeter in einen neuen Unterdrücker verwandelt.

Bush verspricht auch eine neue Ordnung in der Region, eine gerechtere Ordnung, eine demokratischere Ordnung. Aber wer kann den Versprechungen einer Großmacht Glauben schenken, die die nicht nur die wichtigste Unterstützung aller reaktionären und diktatoralen Regime der Region darstellt, sondern auch den Staat Israel und seine Unterdrückung des palästinensischen Volkes stützt? Ohne die Unterstützung der USA könnte die rechtsextreme Regierung Ariel Sharons nicht Krieg führen gegen das palästinensische Volk. Gegen ein Volk, das in den Armenghettos, zu denen der Gazastreifen geworden ist, und in den Splittern der sogenannten autonomen Gebiete des Westjordanlandes eingeschlossen ist.

Um die Wirkung des amerikanischen Irak-Angriffs auf die arabischen Völker auszugleichen, hat George Bush die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staats erwähnt. Doch wer kann ihm glauben angesichts der Tatsache, dass die USA seit einem halben Jahrhundert die Politik der aufeinanderfolgenden israelischen Regierungen stützen? Regierungen, die allesamt eine Eroberungspolitik geführt haben, die ohne Unterlass immer mehr Gebiete der Palästinenser an sich gerissen und einem ganzen Volk sein Land entrissen haben. Eine Politik, welche die Regierung Sharons mit extremster Gewalt führt, indem sie die Bildung israelischer Kolonien fördert, um das palästinensische Volk noch ein bisschen mehr zu zerstückeln und zu berauben.

Die amerikanische Intervention im Irak ist ganz und gar nicht im Sinne der « friedlichen Lösung » der Palästinenser-Frage, von der die Großmächte zu sprechen wagen. Ganz im Gegenteil: Es handelt sich um eine zusätzliche Ermutigung Sharons, Kraft und Gewalt gegen das palästinensische Volk zu wenden, ohne ihm auch nur die geringste Perspektive zu lassen.

Es sind diese Leute - Bush, Sharon und die Politik, die sie personifizieren -, die für den blinden Terrorismus verantwortlich sind.

Und dann: die Wiederherstellung des Friedens zwischen dem israelischen und dem palästinensischen Volk würde die Gleichstellung der beiden Völker voraussetzen. Außerdem müssten die Arbeiterschichten Palästinas darauf hoffen können, Armut und Arbeitslosigkeit hinter sich zu lassen. Doch wie soll man sich vorstellen, dass der aktuelle Vertreter der amerikanischen Trusts, George Bush, in die Staatskasse greift, um dem unglaublichen Elend ein Ende zu setzen, dem heute jene ausgesetzt sind, die zusammengepfercht im Gaza-Streifen leben, umgeben von Stacheldraht, ohne Arbeit und bedroht von der israelischen Armee?

In den Wochen vor dem Krieg spielte Chirac ein diplomatisches Spiel, indem er sich in mehreren Punkten den USA entgegenstellte, etwa was die Rolle der UNO-Inspektoren oder die Dauer ihrer Mission betrifft. Dieses diplomatische Spiel hat ihm sowohl in Frankreich als auch auf internationaler Ebene eine gewisse Popularität eingebracht. Doch dieses diplomatische Spiel macht aus Chirac weder einen Gegner der USA noch ihrer Kriegsziele und noch weniger einen Freund des irakischen Volkes. Nie hat er gegen die Bombenangriffe protestiert, die seit 12 Jahren andauern. Nie hat er die Aufhebung des Embargos gefordert. Frankreich hätte es übrigens auch einfach nicht einhalten können, was jedoch nicht der Fall war.

Und jetzt, da der Krieg begonnen hat, betont Chirac, dass Frankreich Alliierter und Freund der USA bleibt.

Und doch hat man diesem Mann, dem politischen Vertreter der Großunternehmer und Finanzinteressen dieses Landes, den Glorienschein eines Vertreters des Friedens aufgesetzt! Dass die Rechte das tut, liegt in der Logik der Dinge. Aber seitens der großen Parteien der Linken wäre es beschämend, hätten sie sich nicht bereits erniedrigt, indem sie Chirac 2002 zum Retter Frankreichs vor der Bedrohung Le Pens erhoben. Heute erniedrigen sie sich erneut, indem sie ihn zum Kämpfer für den Frieden erküren!

Was uns betrifft, wir weigern uns, an dieser nationalen Einigkeit hinter Chirac teilzunehmen. Umso weniger, als er sich des Glorienscheins, den man ihm gerade aufsetzt, die nächsten vier Jahre seiner Präsidentschaft bedienen wird!

Er wird sich seiner bedienen, um außerhalb des Landes eine imperialistische Politik wie Bush zu führen, jedoch zugunsten französischer Industrie- und Finanzgruppen. Besonders bei den traditionell reservierten « Jagden » des französischen Imperialismus in Afrika wird er sich seiner bedienen, etwa in der Elfenbeinküste. Aber zweifellos wird er sich seiner auch im Irak bedienen. Auch wenn er beschließt, sich nicht am Krieg zu beteiligen, wird er doch versuchen, die Präsenz französischer kapitalistischer Gruppen in der Nachkriegszeit zu sichern. Und es ist auch noch nicht einmal sicher, dass Chirac nicht letztendlich der amerikanischen Armee doch seine Dienste anbietet und zwar etwa unter dem Vorwand, er habe entdeckt, dass Saddam Hussein chemische oder biologische Waffen verwende.

Die USA brauchen die französische Armee sicherlich nicht, um den Krieg zu führen. Es ist jedoch nicht gewiss, dass die dauerhafte Besatzung des Landes, auf die sie sich vorbereiten, nicht auf Widerstand stößt. Es ist nicht gewiss, dass das Bild von Chiracs Frankreich, das vorgibt, der Freund der arabischen Völker zu sein, für die USA nicht nützlich sein wird. Es ist nicht gewiss, dass die USA nicht an eine gewisse Beteiligung Frankreichs appellieren werden, um die Ordnung in der Region zu gewährleisten und dafür bereit sind, den französischen Industriegruppen ein wenig Platz zu überlassen. Denn wenn der Irak ein Markt für die amerikanischen Kapitalisten ist, so ist er es auch für die französischen. Lange Zeit war Frankreich einer der wichtigsten Waffenliferanten des Iraks. Von Dassault über die SNPE bis Matra, um nur einige Beispiele zu nennen - sie alle haben von dem Geld profitiert, das Saddam Hussein dem irakischen Volk entrissen hat. Angeblich hat TotalFinaElf kürzlich mit Bagdad über einen Vertrag im Wert von 40 bis 60 Millionen Dollar über die Nutzung der Erdölvorkommen im Süden des Landes verhandelt. Alcatel hat angeblich einen Vertrag für Telekommunikation unterzeichnet, Renault und Peugeot für die Lieferung von LKWs. Weitere Beispiele findet man in der Chemie- oder Elektro-Industrie.

Also ja, nicht das Interesse des Volkes ist es, das Chirac leitet, nicht mehr als Bush, sondern jenes der französischen Industrie- und Finanzgruppen.

Und dann gibt es noch einen weiteren wesentlichen Grund, die nationale Einigkeit hinter Chirac zu verweigern. Chirac wird sich der Unterstützung der gesamten Skala der politischen Parteien gegen die Arbeiternehmer bedienen. Schon jetzt tut er das.

Denn während Chirac vor der internationalen Szene gestikuliert, vermehrt seine Regierung die Angriffe gegen den Lebensstandard der Arbeiterklassen. Während sich Chirac als Vertreter des Friedens darstellt, führt seine Regierung Krieg gegen die Arbeitenden.

Natürlich, dieser Krieg ist weniger blutig als jener, der zurzeit gegen den Irak geführt wird. Aber die Verantwortlichen und Nutznießer sind dieselben. Die Finanzimperien, die sich unseren Planeten teilen, sind auf der Basis der Ausbeutung der Arbeitswelt groß geworden. Und wenn das Blut zahlreicher Völker im Erdöl steckt, so auch der Schweiß der Proletarier der reichen Länder, wenn es nicht auch ihr Blut ist, wie etwa bei AZF in Toulouse, den Baustellen oder Aventis und vielen anderen Orten.

Während der Krieg gegen den Irak geführt wird, setzt sich hier mit Unterstützung der Regierung der Sozialkrieg des Patronats gegen die Arbeitswelt fort.

Sozialkrieg, das sind Massenentlassungen, welche die Zahl der Arbeitslosen anwachsen lassen und immer mehr Arbeiterfamilien in die Armut drängen. Und die Regierung will und kann sich diesen Massenentlassungen nicht entgegensetzen. Und dabei betreffen sie große Unternehmen, die es sich leisten könnten, die Beibehaltung der Arbeitsplätze zu finanzieren. Nein, die Regierung kommt uns mit lächerlichen « Mini-Jobs », denen gemein ist, dass sie dem Unternehmer, der einstellt, Vorteile bringen, etwa Befreiung von Sozialabgaben oder Steuern oder die Übernahme eines Teils des Lohnes seitens des Staats, manchmal gleich mehrere Begünstigungen auf einmal. Das Ergebnis: Die Zahl der Arbeitslosen liegt offiziell um 2.800.000, beinahe 10% der Arbeitnehmer, und das ohne jene, zweifellos noch einmal so viele, die sich mit einer prekären und schlecht bezahlten Arbeit zufrieden geben müssen.

Sozialkrieg, das ist auch der Angriff auf die Renten, der die Arbeitnehmer zwingen wird, länger zu arbeiten und höhere Beiträge für eine immer lächerlichere Rente zu leisten. Dabei könnte und müsste die Gesellschaft allen älteren Menschen eine Rente sichern, die es ihnen ermöglicht zu leben. Das wäre möglich, wenn die Eigentümer der Unternehmen, die Aktionäre, nicht die Gesamtheit dessen stehlen würden, was aus den Fortschritten der Produktivität erwächst. Man opfert die pensionierten Arbeiternehmer von heute und morgen und zwar nur, um den Aktionären ein noch höheres Einkommen zu sichern.

Sozialkrieg, das ist auch, wenn man die öffentlich Bediensteten das Budgetdefizit zahlen lässt, indem man ihnen Opfer aufzwingt, die ihre Arbeitsbedingungen, die Sicherung des Arbeitsplatzes, Arbeitszeiten betreffen, ganz zu schweigen von den seit langem angekündigten Angriffen auf die Renten. Dabei kommt dieses Defizit von den kolossalen Summen, die man den kapitalistischen Unternehmen in Form von öffentlichen Subventionen, Einrichtungsprämien, Steuernachlass oder Senkung der Sozialbeiträge zuerkennt.

Sozialkrieg, das ist auch der Angriff auf die öffentlichen Leistungen selbst. Man muss den Zynismus der politischen Vertreter der reichen Klassen, die über private Kliniken und Schulen mit Schulgeldern verfügen, haben, um zu meinen, dass es in den Krankenhäusern und Schulen zu viel Personal gebe und dass dort zu sparen sei. Nicht an Personal und Material der öffentlichen Leistungen ist zu sparen, denn das für öffentliche Leistungen ausgeschüttete Geld kommt der Allgemeinheit zugute. Zu sparen ist bei dem Geld, das an die Unternehmen geht und zu nichts Nutze ist als zur Profitsteigerung der Aktionäre.

Sozialkrieg ist auch, wenn man die Ärmsten besteuert, sei es auch nur die CSG (verallgemeinter sozialer Beitrag), die Arbeitslose und Rentner bezahlen, um die Gewinnsteuer der Gesellschaften zu reduzieren. Erinnern Sie sich: Die Unternehmenssteuer, die 1984 50% der deklarierten Gewinne darstellte, macht heute nur noch 33% aus.

Sozialkrieg in einer besonders schäbigen Form ist es auch, die Vermögenssteuer herunterzusetzen und gleichzeitig die Unterstützung für pflegebedürftige alte Menschen zu kürzen. In deutlicheren Worten: Die Regierung nimmt den alten Leuten oder ihren Angehörigen 500 Millionen Euro, die sie dann den Reichsten schenkt!

Die Regierung, die den Großunternehmern hilft Armut zu produzieren, beschließt gleichzeitig, Krieg gegen die Armen zu führen. Immer mehr Frauen und Männer sind gezwungen zu betteln um zu überleben, aber man verbietet Bettelei. Immer zahlreicher werden die Menschen ohne festen Wohnsitz, aber man verfolgt diejenige, die auf öffentlichen Plätzen schlafen. Sarkozy, der die Politik der linken Innenminister Chevènement und Vaillant weiterführt, weigert sich, die Gastarbeiter ohne Aufenthaltsgenehmigung zu legalisieren, was sogar jene betrifft, die seit vielen Jahren in Frankreich leben und arbeiten. Aber er verwendet zusätzliche Mittel, um sie zum Jagdobjekt der Polizei zu machen.

Sarkozy schmiedet sich bei der rechten und rechtsextremen Wählerschaft politisches Kapital, indem er Flugzeuge für spektakuläre Ausweisungen chartert, indem er von Menschen ohne Unterkunft besetzte Häuser gewaltsam räumen lässt und die behelfsmäßigen Lager der Roma auflöst.

Das ist schändlich in einem Land, das vorgibt zivilisiert zu sein! Und er wagt zu behaupten, das alles sei zur Sicherheit der Bürger!

Doch die Hauptursache sozialer Unsicherheit, das ist die Arbeitslosigkeit. Die Sicherheit wird gewiss nicht von den Gastarbeitern ohne Aufenthaltsgenehmigung bedroht, die von Unternehmern, die von ihrer Situation profitieren, ausgebeutet und von skrupellosen Vermietern ausgeplündert werden. Die tatsächlichen Verantwortlichen der Unsicherheit, das sind Matra, Péchiney, Daewoo, Thalès, Métaleurop, Air Lib, Giat Industrie und all die anderen.

Also, ja, alles hängt zusammen. Matra, Thalès (vormals Thomson), Aérospatiale oder Giat Industrie sind Unternehmen, deren Entlassungspläne hier in Frankreich Tausende Leben zerstören und ganze Städte oder Regionen ruinieren werden. Aber es sind auch die gleichen, die sich anlässlich des Iran-Irak-Krieges bereichert haben, als die französischen Waffenkonzerne unter den wichtigsten Lieferanten Saddam Husseins waren.

Man hat viel über die Lagardère-Gruppe gesprochen und viel Gutes anlässlich des Todes seines Gründers und der Thronbesteigung seines Sohnes. Die Lagardère-Gruppe, das sind Matra und die Fabrik in Romorantin, die geschlossen wird und über 800 Arbeiter auf die Straße setzt - und das, obwohl die Reserve aus den vom Auto Espace erzeugten Profiten, die das Unternehmen beiseitegelegt hat, es erlauben würde, sämtlichen entlassenen Arbeitern 13 Jahre lang ein monatliches Gehalt von 1.400 Euro inklusive Sozialabgaben zu sichern.

Aber Matra, das sind nicht nur der Espace und der Avantime (Wagenmodelle). Das sind auch Flugkörper, hochtechnologisches Militärmaterial, das weitgehend im Mittleren Osten verkauft wird. Seit dem Krieg zwischen Israel und den arabischen Ländern 1967, wo Matra dank seiner Exportverträge mit dem hebräischen Staat schon anwesend war: Wie viele Tote, wie viele Zerstörungen waren notwendig zum Aufbau dieser \\\"beispielhaften Industriegruppe\\\", von der die Presse spricht? Aber wie sollte die Presse die Vorzüge der Lagardère-Gruppe auch nicht loben? Die Gruppe ist schließlich der wichtigste Herausgeber der Zeitschriftenpresse weltweit und außerdem Eigentümer von zehn Tageszeitungen, drei Radiostationen und vier Fernsehsendern.

Und dann: Der Trust TotalFinaElf, der an den Wetteifern um das irakische Erdöl teilnimmt, steckt auch hinter dem Bürgerkrieg, der den Kongo zerfetzt hat, genauso wie er der wahre Herr des Gabun ist.

Aber TotalFinaElf, das ist auch die Verschmutzung Hunderter Küstenkilometer durch den Untergang der Erika, die Katastrophe der Chemiefabrik AZF in Toulouse. Das ist auch die korrupte Macht, an die der Prozess erinnert, der gerade in Paris stattfindet. Und nur äußersten Abscheu kann man empfinden angesichts der Summen, die verwendet wurden, um Staatschefs und Minister der Produktionsländer oder französische Politiker zu kaufen; angesichts dessen, was die Führungskräfte zu ihrem eigenen Nutzen unterschlagen haben. Denn gleichzeitig zählt TotalFinaElf bei den Verhandlungen über die Entschädigung jener, die ihr Erdöl verschmutzt hat, jeden Groschen, genauso wie bei den Verhandlungen mit den Opfern der Katastrophe der AZF, für die der Trust verantwortlich ist.

Einige Dutzend Finanzgruppen dieser Größe, allerhöchstens einige hundert, halten die ganze Welt in einem engen Netz gefangen, das aus der gesamten Weltwirtschaft eine riesige Profitmaschine zu ihren Gunsten macht. Gewiss, diese Finanzgesellschaften sind vor allem amerikanisch, aber auch französisch, britisch oder japanisch. Sie sind Mitbewerber, aber sie sind alle aneinander beteiligt und ihre Aktionäre sind oft die gleichen. Sie sind vor allem miteinander verbunden, um der ganzen Welt ihre Diktatur aufzuzwingen, die Finanzdiktatur, eine auf Ausbeutung der Arbeiterklasse und Unterdrückung des Volkes basierende Diktatur. Sie stecken hinter zahlreichen bewaffneten Konflikten und sind die Verantwortlichen und hauptsächlichen Nutznießer des permanenten Sozialkrieges, der weltweit geführt wird, um der kapitalistischen Klasse die Weltherrschaft zu gewährleisten. Ein Krieg, dessen Opfer nicht durch Kugeln sterben, sondern an Hunger, an Elend, an Krankheiten, die heilbar sind.

Das ist der Grund, warum der Kampf, den wir hier gegen die Großunternehmer führen, um die Lebensbedingungen der Arbeitnehmer zu verteidigen, und der Widerstand gegen den Krieg ein und derselbe Kampf ist. Und weil die Arbeiterbewegung nicht in einer Situation ist, in der sie in den kapitalistischen Staaten selbst wirksam gegen die Konzerne kämpfen könnte, die ausbeuten und entlassen, ist sie auch nicht in der Lage, Widerstand gegen die Kriege zu leisten, die letztendlich immer zum Nutzen der gleichen geführt werden.

Der Erfolg der Streiks, die diese Woche von Bahn und Schulpersonal geführt wurden, zeigt, dass sich die Arbeitnehmer von Chiracs Ablenkungsversuch durch diplomatische Spiele nicht zum Narren halten haben lassen.

Und die heutige Demonstration hat den Opfern der jüngsten Entlassungspläne von ACT, Air Lib, Daewoo, Métaleurop, Aventis, Grimault oder Alstom wenigstens erlaubt, gegen die Streichung von Arbeitsplätzen und Unsicherheit zu protestieren. Und sechs Beamtengewerkschaften rufen für den 3. April zu einem Mobilisierungstag gegen die Regierungspläne und für die Renten auf.

All das kann dazu beitragen, den Beschäftigten erneut Vertrauen in ihre Stärke zu geben. Das ist alles, was man erwarten kann, aber wenn das der Fall wäre, so wäre es wichtig für die wahren Kämpfe der Zukunft. Weiträumige Kämpfe müssen es sein, die drohen sich auszubreiten, um Großunternehmer und Regierung bezüglich der für die Lebensbedingungen der Arbeitnehmer dieses Landes wesentlichen Ziele zum Zurückweichen zu zwingen:

-Verbot von Massenentlassungen und unsicheren Arbeitsplätzen

-kein erneuter Rückgang bei Renten, Wiedereinführung von 37,5 Jahren Beitragspflicht für alle, im privaten und öffentlichen Sektor, eine Pension, mit der man auch leben kann.

-allgemeine Erhöhung von Löhnen, Renten und Beihilfen.

Und dann, viel besser noch als die Verteidigung des Lebensstandards der Arbeitnehmer dieses Landes verdeutlicht das, was im Irak geschieht, dass Kapitalismus nicht nur Ausbeutung und drohende Armut in den reichsten Ländern ist, nicht nur die unaufhörliche Vergrößerung der Kluft zwischen der armen Mehrheit der Erde und einigen Ländern, die man reicht nennt, weil ihre Bourgeoisie reich ist. Kapitalismus, das ist auch Krieg.

Was den Krieg im Irak betrifft, so ließ man denjenigen, die ihn beschlossen und geplant haben, freie Hand. Die Demonstrationen haben von den Gefühlen des Volkes gezeugt, darunter auch jenes der USA und Großbritanniens, deren Regierungen diesen Krieg anführen. Man hat es gesehen: Diejenige, welche die Welt leiten, haben mit der Meinung des Volkes nichts am Hut.

Den Krieg im Irak haben wir nicht verhindern können. Und andere solche Kriege wird es geben, solange das kapitalistische System die Erde dominiert. Und das nicht nur, wie man uns glauben machen will, aufgrund der kriegerischen Aggressivität des Bush-Teams und auch nicht einmal wegen der Übermut der USA, der einzigen verbliebenen Supermacht der Welt. Denn wie viele schändliche Kriege hat unser eigener Imperialismus geführt, von Madagaskar über Vietnam bis zu Algerien?

Im aktuellen Krieg beteiligt sich Frankreich nicht aktiv, sondern ist nur Komplize - wenigstens für den Moment. Lediglich amerikanische, flankiert von britischen Soldaten beteiligen sich am Angriff auf den Irak. Aber Frankreich hat am Golfkrieg von 1991 teilgenommen. Französische Flugzeuge waren an der Bombardierung Afghanistans beteiligt. Und wer weiß, wohin die Interessen der französischen kapitalistischen Gruppen die Soldaten morgen schicken werden? Sie greifen bereits in der Elfenbeinküste oder in Zentralafrika ein.

Für die Arbeitnehmer dieses Landes bleibt also die Aufgabe, eine Arbeiterbewegung auf der einzigen möglichen Basis wiederauferstehen zu lassen: auf der Basis des Kommunismus. Als die Kommunistische Partei noch kommunistisch war, zu Beginn der 20er Jahre, kämpfte sie nicht nur für den Fortschritt der Sache der Arbeitenden. Sie kämpfte auch gegen den Rifkrieg in Marokko, sie kämpfte ganz allgemein gegen die imperialistischen Absichten Frankreichs.

Ja, Ausbeutung und die zum allgemeingültigen Gesetz errichtete Regel vom Profit ziehen unweigerlich Kriege nach sich, genauso wie sie unweigerlich Armut, sozialen Verfall und Rückkehr zur Barbarei in vielen Bereichen zur Folge haben.

Natürlich bin ich froh über die Protestdemonstrationen, die in Frankreich und einer Reihe anderer Länder stattgefunden haben. Ich hoffe, dass sie weitergehen und sich verstärken werden. Ich rufe dazu auf, sich an der für morgen vorgesehenen Demonstration zu beteiligen und auch an allen anderen in den nächsten Tagen.

Wer auch nur ein bisschen Menschenwürde besitzt, kann den Bombardierungen und dem Leiden eines ganzen Volkes nicht gleichgültig gegenüberstehen. Demonstrieren, das heißt wenigstens, seiner Empörung, seinem Entsetzen darüber Ausdruck zu geben, was dort unten im Irak geschieht - und über eine Welt, die zulässt, dass es geschieht.

Ich freue mich besonders über die massive Beteiligung junger und manchmal sehr junger Leute an diesen Demonstrationen.

Was im Irak geschieht, zeigt hundert Mal realistischer die Natur internationaler Beziehungen, als Geschichtsbücher oder Stunden über Staatsbürgerschaftskunde es können. Ja, es ist eine Welt, die von Kräfteverhältnissen dominiert wird. Ja, es ist eine Welt, die vom Gesetz des Dschungels regiert wird. Ja, es ist eine Welt, die Leiden hervorruft und die Völker verbluten lässt, nur damit Geld in die Safes der großen Finanzunternehmen kommt.

Aber ich hoffe auch, dass wenigstens ein Teil der jungen Leute, die demonstriert haben und es weiter tun, die Empörung, der sie Ausdruck geben, weiterführen werden, indem sie über die Gründe nachdenken, die Kriege hervorrufen.

Und ich hoffe und wünsche mir, dass sie dadurch über das Stadium des einfachen Pazifismus hinaustreten werden. Denn alleiniger Pazifismus genügt nicht und die pazifistischen Bewegungen, wie gerechtfertigt auch immer sie sein mögen, sind immer einen Krieg hinter der imperialistischen Welt zurück.

Proteste sind nützlich, wenn man nicht die Kraft zu mehr hat.

Aber es genügt nicht zu protestieren. Man muss handeln, damit sich eine Kraft bildet, die in der Lage ist, sich der Gewalt des Imperialismus entgegenzustellen, ihn zu bekämpfen und ihn eines Tages zu besiegen! Imperialismus, das ist nicht nur aggressives Verhalten. Er ist nicht Sache einer einzigen Supermacht. Er ist das Ergebnis des kapitalistischen Wirtschafts- und Sozialsystems.

Ich hoffe also, ich wünsche mir, dass sich unter den jungen Demonstranten welche finden, die beschließen zu handeln, die aktiv für den Umsturz der kapitalistischen Gesellschaftsorganisation eintreten.

Wie in den anderen Ländern muss in diesem Land eine kommunistische Partei wiedergeboren werden, deren grundlegendes Ziel es ist, den Arbeitenden eine Aussicht zu bieten: das Ende der Diktatur der Finanzgruppen über die Gesellschaft.

Eine kommunistische Partei muss wiedergeboren werden, die sich nicht damit zufrieden gibt, einige Ministerposten zu besitzen, machtlos als Mithelfer der Großunternehmer. Eine kommunistische Partei, deren Ziel der Umsturz der existierenden sozialen Ordnung durch Enteignung der Kapitalisten und der Zurverfügungstellung der Großunternehmen für die Allgemeinheit ist. Eine grundlegende Transformation der Wirtschaft, damit sie aufhört, für den alleinigen Profit einer kleinen Minderheit zu arbeiten, damit sie endlich die Bedürfnisse aller befriedigen kann, unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten, der Verbraucher und der Bevölkerung.

Denken wir also heute daran, was die Arbeiterschichten des Irak erleiden. Denken wir aus menschlicher Solidarität daran, aber erinnern wir uns auch, dass ihre Gegenwart unsere Vergangenheit ist und vielleicht unsere Zukunft. Denn das vergangene Jahrhundert hat gezeigt, und das gleich zwei Male, dass die Kriege nicht immer bei den anderen stattfinden. Und dass die mächtigsten, reichsten Länder, die sogenannten zivilisierten Länder, weder vor Krieg, noch vor Diktatur sicher sind. Was das irakische Volk erleidet, kann auch unsere Zukunft sein, wenn wir es geschehen lassen.

Also, Arbeiterinnen und Arbeiter, Genossinnen und Genossen,

Heute und morgen müssen wir auf der Seite jener sein, die gegen den Krieg im Irak demonstrieren.

Doch erinnern wir uns auch: Nicht Pazifismus hat die revolutionäre Arbeiterbewegung in der Vergangenheit der kriegerischen Gesinnung des Imperialismus entgegengesetzt. Sie behauptete: Krieg dem Krieg durch den Umsturz des Kapitalismus!

Heute, nach vielen Niederlagen und oftmaligem Verrat, spielt die Arbeiterklasse nicht die Rolle, die ihr zukommen muss. Sie hat große Schwierigkeiten, sich auch nur gegen die Angriffe der Unternehmer und angesichts der Entlassungen zu behaupten. Doch die Dinge können sich auch schnell ändern. Eines jedenfalls ist gewiss: Wenn wir nicht ewig die Gewalt der herrschenden Klasse, die Gewalt der Ausbeutung, die Gewalt von Kriegen erleiden wollen, muss eine revolutionäre Arbeiterbewegung wiederauferstehen, damit das Proletariat der Herrschaft des Geldes und der kapitalistischen Bourgeoisie über die Gesellschaft ein Ende setzen kann.