Finanzkrise: eine Gesellschaft mit unbegrenzter Unverantwortlichkeit (Leitartikel der Lutte-Ouvrière-Betriebszeitungen vom 28. März 2008)

Finanzkrise: eine Gesellschaft mit unbegrenzter Unverantwortlichkeit
März 2008

Die aktuelle Finanzkrise könnte zur schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg führen. Diese katastrophale Perspektive wird von einem der führenden Köpfe der kapitalistischen Welt erwähnt, dem ehemaligen Präsidenten der amerikanischen Zentralbank. Eine schlimme Wirtschaftskrise, das bedeutet Tausende Betriebe, die geschlossen werden oder ihre Produktion herunterfahren, bedeutet Massenentlassungen, Arbeitslosigkeit, Elend für einen großen Teil der arbeitenden Bevölkerung.

Keine Naturkatastrophe ist die Ursache der wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe. Im Gegenteil. Am selben Tag, an dem eine große Tageszeitung eben diese Bedrohung ankündigte, unterstrich eine andere Schlagzeile, dass die wichtigsten, an der Börse notierten Unternehmen, die des berühmten "CAC 40" (Leitindex der 40 führenden französischen Aktiengesellschaften, die an der Pariser Börse gehandelt werden), die größte Profitmasse der Geschichte realisiert haben. Die kapitalistische Wirtschaft ist dabei, an ihrem eigenen Fett zu ersticken.

Seit Jahren zwingt man die Arbeiter, im Namen der Wettbewerbsfähigkeit immer mehr zu arbeiten, mit ständig weniger Beschäftigten und dabei immer schlechter bezahlt. Die hohen Profite der Unternehmen kommen von der Verschärfung der Ausbeutung. Die wachsende Profitmasse wird nicht in die Produktion und in die Schaffung von Arbeitsplätzen investiert, sondern in Finanzoperationen, in die Spekulation.

Es ist dieses zügellose Wachstum der Spekulation, das zum Zusammenbruch des amerikanischen Hypothekenkredits geführt hat und dann Schritt für Schritt zum Zusammenbruch des gesamten Bankensystems. Alle großen Banken des Planeten wollten diese Hypothekenkredit-Papiere, soviel Gewinn warfen sie eine Zeit lang ab. Aber heute sind sie nichts mehr wert. Alle großen Banken besitzen diese verfallenen, wertlosen Papiere, und zwar zum Teil in solchen Mengen, dass sie vom Konkurs bedroht sind. Nun traut keine Bank mehr der anderen, alle weigern sich, sich gegenseitig Geld zu leihen, was dazu führt, dass es an Krediten fehlt, während auf der anderen Seite zu viel Geld da ist.

Allein diese erste Phase der wirtschaftlichen Erschütterung hat in den USA, ihrem Epizentrum, zu Tausenden Entlassungen im Bau- und im Bankensektor geführt, ganz zu schweigen von den Millionen einfacher Familien, die aus ihren kürzlich gekauften Wohnungen vertrieben wurden, weil sie die Zinsen nicht bezahlen konnten.

Alle wissen und sagen entsprechend den Rückgang des Konsums voraus, der die Folge hiervon sein wird. Und dies gepaart mit der Schwierigkeit, einen Kredit zu erhalten, wird eine Rezession in anderen Bereichen der Wirtschaft zur Folge haben. Die Krise kann nicht auf die USA begrenzt bleiben.

Die Katastrophe hat sich also schon angekündigt. Und wen haben die Führer der kapitalistischen Welt bereits begonnen, den Preis hierfür zahlen zu lassen?

Diejenigen, die nichts dafür können. Diejenigen, auf deren Rücken man die Profite gemacht hat, an denen die Wirtschaft heute verendet.

Um eine Kettenreaktion an Konkursen von Banken, die bis zum Hals in die Spekulation verwickelt waren, zu vermeiden, haben die Zentralbanken, das heißt die Staaten, bereits kolossale Summen an sie verteilt. Sie schlagen vor, auf diesem Weg weiterzumachen und so die Finanzsituation der Banken zu gesunden, indem sie ihre wertlosen Papiere mit öffentlichen Geldern aufkaufen. Während die Profite privat sind, besteht ihre Lösung darin, die Verluste zu vergesellschaften.

Selbst wenn sie es schaffen, die Bankenkrise zu bremsen, was nicht gesagt ist, wird das eine Beschleunigung der weltweiten Inflation zur Folge haben. Die Preissteigerungen untergraben die Kaufkraft der Lohnabhängigen und der Rentner. Die Kaufkraft der arbeitenden Klassen niederdrücken, der Arbeitslosigkeit die Inflation hinzufügen, um die Profite der Banken und der spekulierenden Unternehmen zu retten - und in Wahrheit spekulieren alle Unternehmen - das ist ihr Wirtschaftsprogramm. Nur eine soziale Explosion kann verhindern, dass sie es durchsetzen.

Die Gesellschaft verreckt an dieser ebenso ungerechten wie unvernünftigen Wirtschaftsordnung. Das große Kapital zu enteignen, um der Diktatur der großen kapitalistischen Gruppen, ihrem Profitstreben ein Ende zu setzen, das ist das einzige Programm, dass die arbeitenden Klassen dem der Herrscher der Wirtschaft entgegenzustellen haben.

Arlette Laguiller